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Kultur
19.03.2024
19.03.2024 12:51 Uhr

Die Schaffhauser Diva

Plötzlich steht sie wieder im Rampenlicht: Die bekannte Kunstmalerin Esther Banischewski hat am Samstag in der Galerie ARTSIMONE wieder eine ihrer Ausstellungen eröffnet.
Plötzlich steht sie wieder im Rampenlicht: Die bekannte Kunstmalerin Esther Banischewski hat am Samstag in der Galerie ARTSIMONE wieder eine ihrer Ausstellungen eröffnet. Bild: Ronny Bien
Vom Neuparadies kommt sie her und ging für viele Jahre in die weite Welt hinaus. Am vergangenen Samstag hat sie wohl ihre letzte Ausstellung in der ARTSIMONE Galerie eröffnet. Die Rede ist von Kunstmalerin Esther Banischewski.

Am vergangenen Samstag wurde in der Galerie ARTSIMONE an der Grabenstrasse, die von Simone Grossenbacher geführt wird, mit einer Vernissage die Bildausstellung von Esther Banischewski eröffnet. In Form einer Retrospektive präsentiert die Zeichnerin einen Querschnitt durch ihren künstlerischen Werdegang. Was für manche vielleicht eine Randnotiz darstellen mag, lässt andere dafür aufhorchen. Denn heutzutage tritt der Name Banischewski nur noch selten in Erscheinung. Umso bemerkenswerter, dass die jung gebliebene Lady noch einmal ihre Bilder der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Heimlich studiert

Die Malerei hat Esther Banischewski schon das ganze Leben begleitet. Schon als Kind war Aquarell- und Ölmalerei ihre grosse Leidenschaft. Was bislang niemand wusste: Als junge Frau von 19/20 Jahren bildete sie sich heimlich mittels eines Fernstudiums aus. «Ich wollte einfach von allem eine Ahnung haben», erklärt sie ihre damaligen Ambitionen. Sie erhielt die Aufgaben per Post, zeichnete diese und schickte alles wieder zurück nach Zürich. Doch wirklich viel Motivation konnte sie dadurch nicht gewinnen. «Ich regte mich ziemlich auf, weil die Zeichnungen immer nur mit ‹sehr gut› bewertet wurden. Dabei war ich auf konstruktive Kritik angewiesen, um mich verbessern zu können», schimpft sie auch heute noch wie ein Rohrspatz, wenn sie ihre damaligen Zeichnungen betrachtet. «Man sieht doch, dass die Proportionen zwischen Kopf und Körper nicht stimmen, gopfertelli.» Vielleicht interpretierten die Prüfer das damals als Kunst mit persönlicher Note? «Mag sein», lacht sie.

Die Vorzeigediva

So ist sie, Esther Banischewski, die elegante Dame aus dem Schaffhauserland. Klein, zierlich, aber taff, ihre Worte ständig parat auf der Zunge liegend, um keine Antwort verlegen, stets begleitet von ihrem schelmischen Lächeln. Ihr Kopf agil, hellwach und jugendlich geprägt, dazu immer adrett gekleidet, egal, wo man ihr begegnet. Wäre Esther Banischewski US-Amerikanerin, trüge sie den klassischen Titel einer Vorzeigediva, wie man es sonst nur aus Hollywood kennt.

  • Über 40 Jahre trennen dieses Selbstporträt von der Gegenwart. Esther Banischewski zeigt anlässlich einer Ausstellung noch einmal eine Auswahl an raren Werken, die aus der Sammlung von über 1000 Bildern noch übrig geblieben sind. Bild: Ronny Bien
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  • Esther Banischewski ist auch heute noch eine Frohnatur durch und durch. Bild: Ronny Bien
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Ausstellungswürdiges Bildmaterial

Auf jeden Fall spielte für sie die Autodidaktik eine wichtigere Rolle als das Gelernte aus dem Studium, ihre eigene Kunst, wie sich dann später herausstellte. Sie entwickelte einen Stil, in dem das Grafische mit dem Gegenständlichen vereint wurde. 1979 waren sie und ihr Mann im früheren Salmenstübli zu Gast, einem Restaurant, in dem sich damals vorzugsweise Kommerzianer versammelten. «Ich setzte mich zu denen, die gerade aus einem Buch ein Gemälde begutachteten», erzählt sie. «Ich entgegnete, dass mir dieses Bild gefalle, von wem dieses denn sei?» Einer der Gäste outete sich dann als Urheber, worauf sie meinte, dass auch sie zeichne. «Die ganze Entourage wollte dann meine Kunst begutachten und als die meine Bilder sahen, waren die ganz aus dem Häuschen», so Esther Banischewski weiter. Das sei alles ausstellungswürdig, sie solle unbedingt an die Öffentlichkeit damit. Es wäre ja nicht das erste Mal.

«Gewagte Frechheit»

In Winterthur geboren und im Neuparadies aufgewachsen, durfte Esther Sieg, so hiess sie ledig, 1962 als 16-Jährige in Andelfingen ihre erste, noch gegenständliche Bildkunst zur Schau bringen. Sie strebte jedoch eine Laufbahn als Maskenbildnerin an, wodurch sie die insgesamt siebenjährige Ausbildung als Coiffeuse und Kosmetikerin in Angriff nahm. Doch der Malerei blieb sie treu, ihre Leidenschaft nahm immer mehr Überhand. Die Bilder entwickelten sich dabei, realistische Figuren fanden sich im Laufe der Zeit auf geometrischem Hintergrund, Abstraktion und Superrealismus vereinten sich dabei. Als eine «gewagte Frechheit» wurde ihr Stil beschrieben. Wichtig dabei war, dass auf den Bildern Ordnung herrschte, was Esther Banischewski immer mehr priorisierte.

«Ich will nach Paris» - und sie ging

Kurz nach den Lobeshymnen der Kommerzianer meldete sich Helga Walter, eine Kundin aus Löhningen, deren Bruder Arthur Maag eine Galerie führte, und vermittelte zwischen den beiden, bis die Ausstellung Tatsache wurde. Zuvor lud sie alle ihre Zeichnungen in eine gelbe Zeine und brachte diese auf Empfehlung ins Museum zu Allerheiligen. «Dort nahm sich Dr. Freivogel den ganzen Nachmittag Zeit für mich, weil auch er fasziniert war», weiss die Künstlerin aus ihren Erzählungen zu berichten. «Er empfahl mir, aus der Grafik heraus ebenfalls ein Bild zu gestalten.» Gesagt, getan, das Bild mit dem Klavier und ihrem Zeigefinger entstand daraus. Die Ausstellung in Löhningen war schliesslich der Grundstein ihres Erfolges, die Galerie wurde von Hunderten von Kunstinteressierten regelrecht gestürmt. «Nach der Ausstellung fragte mich Arthur Maag, was ich denn nun zu machen gedenke. Da antwortete ich ihm in aller Selbstverständlichkeit, dass ich nächstes Jahr in Paris sei», lacht sie. Diese Aussage wurde von einigen gar als lächerlich eingestuft, so richtig hatte man die taffe Frau nämlich nicht auf dem Radar. Kurz darauf erschien eine Annonce in der Zeitung, dass man sich für eine Weltausstellung im Musée du Luxembourg in Paris bewerben könne. «Aus 450 Einsendungen wurde ich schliesslich ausgewählt und durfte zwei meiner Bilder ausstellen, die sensationellen Anklang fanden.» Dieselben Gemälde wollte sie vorher schon im Museum zu Allerheiligen ausstellen, doch diese wurden kommentarlos zurückgeschickt. «Ich war noch jung und rassig, das passte längst nicht allen, wohl auch nicht dem damaligen Kuratorium.» Doch der Weltkarriere stand nach Paris nichts mehr im Wege. Esther Banischewski stellte ihre Werke mittlerweile an den angesehensten Adressen in Frankreich aus, auch aus Zürich erhielt sie lukrative Aufträge. An einem internationalen Wettbewerb der «Akademie der Künste» gewann sie zudem den zweiten Platz.

Die «Bock»-Leserschaft wählte Esther Banischewski zur «Persönlichkeit des Jahres 1983». Bild: Archivbild Schaffhauser Bock

Persönlichkeit des Jahres 1983

Mit diesem Erfolg erlangte die erfolgreiche Künstlerin auch in Schaffhausen grossen Ruhm – zumindest aus gesellschaftlicher Sicht. 1983 wurde Esther Banischewski vom Schaffhauser Bock zur «Persönlichkeit des Jahres» nominiert und gewann schliesslich diese Wahl mit 306 Stimmen überraschend deutlich vor der Skifahrerin Ariane Ehrat (230 Stimmen) und der Politikerin Esther Bührer (76 Stimmen). Was ihre nächsten Pläne seien, wurde sie damals gefragt. «Ich will nun nach New York», entgegnete sie ganz selbstverständlich. Sie lebte lange im Luxus, ehe sie sich entschied, sich für drei Jahre einem Zirkus anzuschliessen. «Das war eine meiner besten Entscheidungen, um wieder auf dem Boden der Realität zu landen.» Sie war «Mädchen für alles» und genoss dieses konträre, einfache Leben im Wohnwagen. Esther Banischewski sagt über sich, dass sie ein super Leben gelebt habe.

Die damalige Tabelle der Wahlresultate zur «Persönlichkeit des Jahres 1983»:

1. Esther Banischewski 306 Stimmen
2. Ariane Ehrat 230 Stimmen
3. Esther Bührer 76 Stimmen
4. Gerhard Fuchs 50 Stimmen
5. Ursula Bryner 34 Stimmen
6. Walter Stamm 21 Stimmen
7. Karl Berger 15 Stimmen
8. Mariella Farré 8 Stimmen

Vernissage gut angelaufen

Seit rund sechs Jahren malt Esther Banischewski nicht mehr. «Ich habe keine Fantasie, keine Inspiration mehr.» Dennoch wurde sie nun von Simone Grossenbacher regelrecht dazu überredet, die mittlerweile entrahmten noch vorhandenen Bilder auszustellen. «Ich hatte keine Kraft mehr, wollte nichts mehr wissen davon. Doch mittlerweile ist die Freude wieder zurück. Doch ich habe keine Erwartungen, denn die übrig gebliebenen Bilder sind solche, die nie zum Verkauf gestanden haben. Und doch kamen sie von überall her in die Galerie ARTSIMONE an der Grabenstrasse, die Fans der «Baniart», wie Esther Banischewski ihre Kunst nennt. Die Ausstellung ist bis zum 14. April jeweils donnerstags bis samstags geöffnet, die Dernière am besagten Sonntag wird von einem Schlussapéro begleitet.

Ronny Bien, Schaffhausen24