Fast neun Jahre nach dem Vorreiter Kanada hat 2010 auch die Schweiz bildliche Warnhinweise auf Zigarettenpackungen eingeführt, schreibt die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz in einer Medienmitteilung. Doch die Präventionsbotschaften, die auf der Vorder- und Rückseite der Packungen angebracht werden müssen, seien zu klein, so die Canadian Cancer Society, die kürzlich einen Bericht zum Thema veröffentlicht hat. Sie bedecken im Durchschnitt nur 56 Prozent der Verpackungsfläche. Zum Vergleich: In der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich seien es 65 Prozent, mit einem Warnhinweis mit Bild sowohl auf der Vorder- wie auch auf der Rückseite. Zusätzlich führten einige der EU-Staaten neutrale Verpackungen ein.
Veraltete Botschaften
Auch die Botschaften seien überholt. «Die Schweiz verwendet zwar drei Serien mit 14 Botschaften, die alle 24 Monate ausgetauscht werden. Aber der Inhalt hat sich seit 2010 nicht geändert», sagt Rob Cunningham, Experte der Canadian Cancer Society. Hinzu komme, dass die Fotos nicht wirksam sind. «Sie befinden sich nur auf der Rückseite der Packung, wodurch sie weniger sichtbar sind, und die wirklich unbequemen Themen werden vermieden», sagt Luciano Ruggia, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz.
Diese Versäumnisse hätten dazu geführt, dass die Schweiz von der Canadian Cancer Society auf Platz 86 von 211 Ländern eingestuft wurde, knapp vor Kambodscha und Ghana.
Illegale Snus-Verpackungen
Insgesamt haben 138 Länder, die 66,5 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, Warnhinweise mit Fotos eingeführt, die die schädlichen Auswirkungen des Rauchens zeigen. Im Jahr 2021 waren es 134 Länder und im Jahr 2018 117 Länder, so der Bericht.
In der Schweiz tragen einige Tabakprodukte, wie zum Beispiel Snus, lediglich einen kleinen Gesundheitshinweis auf der Rückseite der Verpackung. Dies widerspreche sowohl der Tabakverordnung, die vorschreibe, dass die Präventionsbotschaft mindestens 35 Prozent der Vorderseite und 50 Prozent der Rückseite der Verpackung einnehmen muss, als auch der Rahmenkonvention der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs, die von der Schweiz zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert worden sei.
Neutrale Verpackungen in elf europäischen Ländern
Die Canadian Cancer Society erwähne in ihrem Bericht auch die neutralen Verpackungen, auf denen der Name der Zigarettenmarke nur klein, in einheitlicher Schrift und unauffälliger Farbe erscheint. Diese Massnahme wurde bereits von elf europäischen Ländern übernommen, heisst es weiter.
Ziel sei es, die Tabakindustrie daran zu hindern, «ihre Verpackungen als Werbeträger zu nutzen, die Attraktivität von Tabakprodukten zu minimieren und die Wirksamkeit von Gesundheitswarnungen zu erhöhen», so Rob Cunningham. Diese Elemente haben einen positiven Einfluss auf den Rückgang des Tabakkonsums, «insbesondere bei jungen Menschen, die besonders anfällig für die Werbestrategien der Tabakindustrie sind», erläutert Cunningham.
Warnhinweise auf jeder Zigarette
Kanada gehe ab dem 31. Juli 2024 noch einen Schritt weiter und verpflichte die Tabakindustrie, jede Zigarette mit einem Warnhinweis zu versehen. Mögliche Botschaften sind «Gift in jedem Zug», «Die Zigarette schädigt Ihre Organe» oder «Die Zigarette verursacht Impotenz».
Die Schweiz hinke dieser Entwicklung hinterher, heisst es abschliessend in der Medienmitteilung. «Das Land ist im Kampf gegen den Tabakkonsum im Hintertreffen und hat die neutrale Verpackung noch nicht eingeführt», stellt Luciano Ruggia fest. «Die Tabakindustrie, die in der Schweiz besonders stark verankert ist, wehrt sich entschieden dagegen und hat sich bisher durchgesetzt.»