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Politik
07.11.2023

«Wie ein WEF für politische Bildung»

Martin Pryde ist Lehrer für Geschichte mit politischer Bildung und unterrichtet an der Kanti zugleich Philosophie. Auch ist der 41-jährige Zürcher Unterländer im Komitee des «Campus für Demokratie» und beteiligt sich an der Durchführung des «Tag der politischen Bildung».
Martin Pryde ist Lehrer für Geschichte mit politischer Bildung und unterrichtet an der Kanti zugleich Philosophie. Auch ist der 41-jährige Zürcher Unterländer im Komitee des «Campus für Demokratie» und beteiligt sich an der Durchführung des «Tag der politischen Bildung». Bild: Ronny Bien
Am 13. November findet als Nachtrag zum «Tag der Demokratie» ein «Tag der politischen Bildung» statt. Mit dabei ist auch Kantilehrer Martin Pryde.

Seit über 2500 Jahren wird die Demokratie praktiziert und gepflegt. Vorreiter dabei war mitunter der Adelige Solon, der im Jahr 594 vor Christus vom Athener Volk zum Archonten gewählt wurde. Dieser führte entsprechende Gesetze ein, die die Rechte und Pflichten der Bürger:innen beschrieben. Sicherlich lief längst nicht alles reibungslos über die Bühne und es kamen zwischenzeitlich gar wieder diktatorische Verhältnisse zutage; die Demokratie verschwand zeitweise sogar wieder von der Bildfläche. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts fand eine Umwandlung von der mit Chaos geprägten Definition des Begriffs statt und die moderne Demokratie nahm auf holprigem Wege immer mehr die Form an, wie wir sie heute kennen. 2007 erklärten die Vereinten Nationen an ihrer Generalversammlung den 15. September zum «Internationalen Tag der Demokratie», mit der Botschaft, die Demokratie weiter zu fördern.

«Tag der politischen Bildung»

Schon seit 1974 engagiert sich die Stiftung Dialog für die politische Bildung in der Schweiz und dient zur Vernetzung, wie auch die 2015 ins Leben gerufene Plattform «Campus für Demokratie», die in diesem Jahr gar mit dem Föderalismuspreis ausgezeichnet wurde. Eigens für den Tag der Demokratie wurden in diesem Jahr unzählige Aktionen ins Leben gerufen. «In einer liberalen Demokratie umfasst politische Partizipation verschiedene Formen, mitzureden, mitzugestalten und mitzuentscheiden», sagt Carol Schafroth, Geschäftsführerin von Campus für Demokratie. In der ganzen Schweiz wurden am 15. September weit über hundert Veranstaltungen durchgeführt. Aufgrund der damaligen Vorbereitungen des Kantifests zieht Schaffhausen nun zwei Monate später, am kommenden Montag, 13. November, mit einem «Tag der politischen Bildung» nach.

Kompetenzbildung im Unterricht

In diesem Komitee ist auch der im Zürcher Unterland aufgewachsene Martin Pryde, Präsident des Vereins Schweizerischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer und seit über zehn Jahren Lehrer für Geschichte,  politische Bildung und Philosophie an der Kanti mit fünf Unterrichtsklassen. Martin Pryde bedauert, dass politische Bildung teilweise mit ideologischer Ausrichtung verwechselt werde, und setzt viel Herzblut dafür ein, dass beispielsweise ein 14-Jähriger Kompetenz erlangt, um persönliche Fragen in aller Frechheit stellen zu können, mit all seinem vorhandenen Wissen. «Es gibt ein gutes Gefühl, die Jugendlichen zu begleiten und zu sehen, wie sie flügge werden und dann in alle Richtungen davonschwirren», beschreibt der Lehrer diesen wiederkehrenden Zyklus. Gerade auch bei Gesprächen wie diesem mit dem «Bock» oder auch bei Begegnungen und dem Austausch mit seinen Klassen – da geht ihm richtiggehend das Herz auf.

Mehr politischer Unterricht

Ziel der politischen Bildung ist das handlungsorientierte Wissen darüber zu schaffen, da es komplexer ist als die herkömmliche Staatskunde. «Es geht nicht darum, Werte zu vermitteln, sondern handlungsfähig zu werden. Dabei braucht es viel Fingerspitzengefühl», erzählt Martin Pryde. Aus der mehrheitlichen Sicht der Schüler dürfte es mehr politischen Unterricht geben, denn nicht nur die lokale Politik beschäftigt die Heranwachsenden, sondern auch die aus den Fugen zu geraten drohende Weltpolitik wirft viele aufwühlende Fragen auf. «Leider können wir aus Zeitgründen nicht alles behandeln, diskutieren aber neben aktuellen Themen aus der Schweiz auch zum Beispiel den Nahost- oder den Kosovo-Konflikt kontrovers, was teilweise auch für lebendige Klassenzimmer sorgt», berichtet der 41-Jährige. Nicht zu unterschätzen dabei sei, dass der Komplexitätsgrad für die Jugendlichen massiv zugenommen habe. Auch die ungefilterte Reizüberflutung in den Social Media leistet dabei ihren wesentlichen Anteil und lässt die Wahrheitsfindung der Jungen zünftig erschweren. Darum ist ein fundiertes Fachwissen für die Dozierenden unabdingbar.

Workshops, Polittalk und Film

Der Vormittag des 13. Novembers ist den Fachpersonen gewidmet, welche sich mit der politischen Bildung auseinandersetzen müssen. In der Rathauslaube referieren PH-Dozentin Bettina Looser und Monika Waldis, Leiterin des Zentrums für Demokratie Aarau. Nach einer Gruppenarbeit werden die Ergebnisse an einem runden Tisch diskutiert. Am Nachmittag nehmen die Kantischüler in der Kantonsschule an Workshops zum Thema «Politische Partizipation – für uns» teil und treffen sich im Anschluss zur grossen Podiumsdiskussion mit engagierten Jungparteien aus dem Kanton Schaffhausen. «Das ist fast wie ein Schaffhauser WEF für politische Bildung», lacht Martin Pryde. Zum Abschluss werden alle Beteiligten zum Dokumentarfilm «Bratsch – ein Dorf macht Schule» ins Kiwi Scala eingeladen.

Ronny Bien, Schaffhausen24