Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Schaffhausen
02.11.2023

«Ich wähle meine Wohnung selber»

Sabrina Gröbli (v.l.), Michael Ljubmirovic und Lara Klimmek werden von Thomas Bräm interviewt.
Sabrina Gröbli (v.l.), Michael Ljubmirovic und Lara Klimmek werden von Thomas Bräm interviewt. Bild: zVg. / Lindli Huus
Im HofAckerZentrum in Schaffhausen fand kürzlich eine erste grosse Informationsveranstaltung zur Selbstbestimmung für Menschen Beeinträchtigung statt. Organisiert hatte diese Veranstaltung das Lindli-Huus. Aktuelle Themen von Menschen mit Beeinträchtigung sollen in diesem Format aufgegriffen werden, um so auch die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Der Auftakt ist gelungen.

Die Veranstaltung war in drei Teile gegliedert: Zuerst wurden zwei Referate präsentiert, dann gab es Gelegenheit zur Diskussion in Tischrunden und danach die Fragerunde mit den Teilnehmer:innen auf dem Podium.

Expert:innen informierten

Daniel Frei und Sabrina Gröbli von ARTISET Zürich, dem Branchenverband für Institutionen, lieferten spannende Berichte über den Weg, wie das Selbstbestimmungsrecht für das eigene Wohnen rechtlich und operativ im Kanton Zürich in Angriff genommen wurde.

Betroffene und Beteiligte wurden eingebunden

Bewohner:innen aus verschiedenen Institutionen diskutierten mit anderen Besucher:innen der Veranstaltung in kleinen Gruppen. Sie entwickelten aus den Gesprächen Fragen zum Vortrag, zur konkreten Umsetzung im Alltag oder zum weiteren Vorgehen im Kanton Schaffhausen. Die gesammelten Fragen wurden dem Podium überreicht.

Expert:innen antworteten

Aus unterschiedlichsten Blickwinkeln gingen Fachleute auf die Publikumsfragen ein, die vom Moderator Thomas Bräm gekonnt unter den Teilnehmer:innen auf dem Podium verteilt wurden. Thomas Bührer, Geschäftsleiter des Lindli-Huus, vertrat die Leistungserbringer, Ilona Daners vom kantonalen Sozialamt die Leistungsfinanzierer. Aus der Perspektive der Betroffenen gab Michaela Ljubomirovic einen lebhaften Einblick in die Wirklichkeit des selbstbestimmten Wohnens. Mit grosser Freude beschrieb sie die Faktoren für das wunderbare Gelingen mit allen tief menschlichen Auswirkungen. Frau Ljubomirovic benannte aber auch die Hürden und gab praktische Hinweise an die Adresse der Verantwortlichen, die den Wechsel in eine eigene Wohnung für die Betroffenen erleichtern würden. Lara Klimmek, eine der vielen Assistenzpersonen von Frau Ljubomirovic, führte aus, wie das selbstbestimmte Wohnen im Rollstuhl im Assistenz-Alltag aussieht, und wie es gut und kooperativ bewältigt werden kann.

Sehr eindrücklich - und auch als Leitsterne für die Zukunft geeignet - gaben am Ende alle Podiumsmitglieder Merkmale ihrer Vision wieder. Die Frage des Moderators Thomas Bräm lautete: «Wenn Sie in die Zukunft schauen, woran würden Sie in ein paar Jahren erkennen, dass sich konkret etwas hinsichtlich Selbstbestimmung für Menschen mit Beeinträchtigung verändert hat?»

  • Thomas Bührer: Fünf Bewohner:innen des Lindli-Huus wohnen in einer eigenen Wohnung, und in den fünf frei gewordenen Studios bei uns wohnen Studierende, oder die Wohnungen werden als Airbnb für reisende Menschen mit Handicap genutzt.
  • Daniel Frei: Er liest es am Strahlen der Menschen, die den Schritt gewagt haben ab und aus den konkreten Feedbacks der betroffenen Menschen.
  • Sabrina Gröbli: Wenn in fünf Jahren an einer solchen Veranstaltung die Menschen gefragt werden, ob alle in der Wohnform leben, die sie wünschen, und ob sie glücklich damit sind – wenn alle dann die Hand heben, dann ist gute Arbeit geleistet worden.
  • Michaela Ljubomirovic: Sie hofft, dass man in fünf Jahren einen konkreten Leitfaden hat und allen Interessierten zeigen kann, wie selbständig Wohnen funktioniert; und dass alle, die den Schritt gehen wollen, wissen, wie sie zum Ziel komme.
  • Lara Klimmek würde die Veränderung daran erkennen, dass die organisatorischen Hürden, die jetzt noch im Weg stehen, so vermindert worden sind, dass jene Menschen, die den Weg ins selbständige Wohnen gehen wollen, sich das dann auch zutrauen.
  • Ilona Daners: In fünf Jahren sollte eine breite Palette an Angeboten und Dienstleistungen vorhanden sein. Ebenfalls sind dann die gesetzlichen Grundlagen klar, damit alle, die nicht in Institutionen leben wollen, diese Angebote und Dienstleistungen nutzen können.
Schaffhausen24, Lindli-Huus