Home Region Sport Schweiz/Ausland Magazin Agenda
Schaffhausen
31.10.2023

Das Lädelisterben geht weiter

Hand in Hand durch schwierige Zeiten: Christof Stelz (l.) vom Veganshop und Manuel Brodtbeck vom «fäsch» schliessen in den nächsten Wochen die Pforten ihrer Geschäfte. Die finanziellen Probleme zwingen sie letztendlich zur Schliessung.
Hand in Hand durch schwierige Zeiten: Christof Stelz (l.) vom Veganshop und Manuel Brodtbeck vom «fäsch» schliessen in den nächsten Wochen die Pforten ihrer Geschäfte. Die finanziellen Probleme zwingen sie letztendlich zur Schliessung. Bild: Ronny Bien
Wieder mal «Bad News» aus der Schaffhauser Altstadt. In den kommenden Wochen schliessen an der Tanne mit dem Veganshop «littl’ shop of ethics» und dem Stöberladen «fäsch» gleich zwei weitere Nischenlädeli – sehr zum Bedauern aller Beteiligten.

Das Lädelisterben nimmt kein Ende. In der Schaffhauser Altstadt schliessen Ende Dezember und im Februar gleich zwei Lokale, die es in der Munotstadt in dieser Art danach nicht mehr gibt. Betroffen sind der Stöberladen «fäsch» und dessen Nachbar «littl’ shop of ethics», der exklusive Veganshop, beide einquartiert an der Tanne 8. Sie hätten eigentlich nichts miteinander zu tun, beschreibt Manuel Brodtbeck die Nachbarschaft zwischen den beiden. «Wir haben uns aber mittlerweile gut angefreundet und ergänzen uns sogar.» In der Tat ist die Zwischentüre, welche die beiden Läden verbindet, stets geöffnet und wenn es mal ruhig ist, treffen sich die Inhaber auch gerne mal zum Tratsch.

Shutdown erschwerte Start

Das Gesprächsthema war in den letzten Wochen alles andere als erfreulich. «Nur schon der Start im Februar 2020 nach der Übernahme war sehr beschwerlich, da unmittelbar nach der Eröffnung der Shutdown ausgerufen wurde», erinnert sich der «fäsch»-Besitzer Manuel Brodtbeck. Er, gelernter Zimmermann, erkannte die finanzielle Misslage schon früh, konnte sich mit dem Erwerbsausfall bis anhin nur knapp aus der Misere retten. «In unsere Stöberladen kommen Leute, die Freude an Nippesartikeln haben oder einfach «schneuggen» wollen. Während der Pandemie lernten insbesondere die Menschen, die vorher nie etwas im Internet kauften, die Vorzüge des World Wide Webs kennen und bestellten ihre Artikel mit wenigen Mausklicks bequem und direkt zu sich nach Hause», beschreibt Manuel Brodtbeck die daraus entstandenen Folgen. Der Schuldenberg türmte sich aufgrund des erworbenen Kredits und wegen des hohen Mietzinses, jedoch blieben die Umsätze stets im unteren Niveau. «Und so kamen meine Frau Denise, die aus dem Detailhandel stammt, und ich zum Entschluss, schweren Herzens unseren Laden aufzugeben.»

  • Christof Stelz (l.) und Manuel Brodtbeck pflegen eine nachbarschaftliche Freundschaft. In wenigen Wochen trennen sich ihre Wege aufgrund der Schliessungen ihrer beiden Läden. Bild: Ronny Bien
    1 / 2
  • Der Ausverkauf im «fäsch» hat bereits begonnen. Nach Weihnachten werden sämtliche Artikel zu vergünstigten Konditionen angeboten. Bild: Ronny Bien
    2 / 2

Nach über zehn Jahren ist Schluss

Ähnlich dramatisch klingt es aus dem Nachbarladen. Christof Stelz betreibt den veganen Shop seit April 2013 und hat  seinen «littl’ shop of ethics» zum kulinarischen Kleinod gemacht. «Wir kämpften in den letzten Jahren immer mehr gegen das konkurrierende Angebot, welches die Grosshändler laufend ausbauten», umfasst der Inhaber seine aussichtlose Situation. «Es sind jedoch viele kleine Dinge, die uns in der Summe zu diesem Entschluss geführt haben», betont Christof Stelz. Bereits im Juni wurde dieser Entscheid gefällt, jedoch ist die Schliessung erst seit wenigen Wochen in aller Munde. Für den Stammkunden Janick Frey, der sich seit rund anderthalb Jahren vegan ernährt, eine absolute Katastrophe, wie er gegenüber dem «Bock» bedauert: «Ich bevorzuge diesen Veganshop aus verschiedenen Gründen: Erstens erhalte ich hier kompetente Beratung, zweitens ist das Sortiment ausgewogener und drittens ist die Qualität hochstehend.» Klar könne er bestimmte Produkte auch im Grosshandel beziehen, es bleibe ihm ja künftig auch nichts anderes übrig, auch wenn er genau diese grossen Player nicht unterstützen wolle. Die Begründung dazu liefert Christof Stelz selbst: «Nicht vergessen werden darf, dass der grösste Schlachthof der Schweiz zu Coop gehört. Es sind folglich nicht ethische Gründe ausschlaggebend, dass die Grosshändler das vegane Sortiment ausbauen.» Zudem seien es oftmals auch nur Lippenbekenntnisse, wenn es darum gehe, die Kleinen zu unterstützen. «Es heisst ja immer, man solle die Kleinen aufgrund ihrer Vielfalt unterstützen, doch wenn es darauf ankommt, hält sich nur ein kleiner Teil daran.» Schliesslich ist es ja auch bequemer, Waren im Internet oder im Grossmarkt zu beziehen. Auch wenn Christof Stelz’ «Baby», wie er es nennt, nun wegstirbt, will er dennoch nicht einfach jammern und stattdessen auf zehn tolle Jahre zurückblicken. Deadline-Day ist für ihn der 30. Dezember.

Coiffeur als Nachfolge?

«Ich wusste es selber bis vor Kurzem auch nicht, dass der Veganladen ebenfalls schliesst», war auch Manuel Brodtbeck erstaunt über diese Doppelschliessung. Wie von verschiedenen Seiten zu hören ist, komme dort offenbar ein neuer Coiffeursalon rein. Dies sei nur ein Gerücht, sagen andere, jedoch eines, welches trotz einigen Dementi hartnäckig die Runde macht. Auch die Nachfrage beim Immobilienverwalter ergibt keine Klarheit, hüllt sich dieser doch in eisernes Schweigen. «Aktuell geben wir keine Auskunft», heisst es da. Auch wer in Zukunft die Räumlichkeiten des «fäsch» bewirtschaften wird, steht noch völlig in den Sternen. «Wir hoffen darauf, dass das Weihnachtsgeschäft läuft und wir so die Schulden etwas abfedern können.» Denise und Manuel Brodtbeck werden am 17. Februar zum letzten Mal den Ladenschlüssel drehen. Der Ausverkauf mit den ersten Artikeln hat bereits begonnen.

  • Im «fäsch» findet man eine bunte Vielfalt an Nippesprodukten, die auch schon vor zig Jahren die Kinderzimmer geschmückt haben. Bild: Ronny Bien
    1 / 4
  • Auch an einer breiten Auswahl an Bekleidungsstücken mangelt es im «fäsch» nicht. Bild: Ronny Bien
    2 / 4
  • Die Kundschaft schätzt das breite, vegane Sortiment. Bild: Ronny Bien
    3 / 4
  • Bis Ende Jahr kann man diese veganen Produkte im «littl’ shop of ethics» beziehen. Bild: Ronny Bien
    4 / 4
Ronny Bien, Schaffhausen24