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Rafzerfeld
05.09.2023

Rafzer setzen beim Heizen auf einheimisches Holz

Der vergangene Woche angelieferte neue Heizkessel soll im November 2023 ans Netz gehen.
Der vergangene Woche angelieferte neue Heizkessel soll im November 2023 ans Netz gehen. Bild: Daniel Lehmann, Schaffhausen24
Wegen steigender Nachfrage nach sauberer Wärme aus einheimischem Holz nimmt die Holzwärmegenossenschaft Rafz (HWG) demnächst eine dritte Kesselanlage in Betrieb und erweitert das Netz für zusätzliche Anschlüsse.

An einem der vergangenen heissen Sommertage stehen Felix Spühler und Hans Dünki an der Gewerbestrasse beim Bahnhof in Rafz auf dem Areal der Holzwärmegenossenschaft Rafz (HWG). Die beiden Gewerbeunternehmer aus Rafz sind Vorstandsmitglieder der HWG, Felix Spühler als Vizepräsident und Hans Dünki als technischer Leiter. Sie begutachten das soeben fertiggestellte zusätzliche Kesselhaus am Standort der Holzschnitzelheizung. Demnächst wird hier neben den beiden bestehenden eine dritte auch bezüglich ihrer Umweltfreundlichkeit topmoderne Holzschnitzel-Kesselanlage eingebaut und in Betrieb genommen. «Vor 25 Jahren war ein Anschluss an das damals neue Fernwärmenetz der Holzschnitzelheizung kaum ein Thema», sagt Felix Spühler. Heute allerdings ist dies anders: Die steigende Nachfrage nach mehr klimafreundlicher Wärmelieferung mit Holz macht einen Ausbau der Heizzentrale nötig. 

Übernahme stillgelegter Holzfeuerung 

Die Geschichte der HWG beginnt im Jahre 1994. Die Genossenschaft wird damals mit dem Ziel gegründet, die aus betrieblichen Gründen stillgelegte Holzfeuerung der Firma SIG in Rafz zu übernehmen. Mit Grünschnitzeln der Gemeinde Rafz sowie Hobelspänen und Sägemehl verschiedener Rafzer Unternehmen soll eine neue Fernwärmeheizung betrieben werden. «Eine erste Hauptleitung wurde ab dem Standort des bestehenden Heizkessels beim Bahnhof Rafz zum Schulhaus Schalmenacker geführt», sagt Hans Dünki. An diese Leitung werden zusätzlich einige Mehrfamilienhäuser angeschlossen. Dieser Stand bleibt dann für rund zehn Jahre unverändert. Im Jahre 2003 wird die bestehende Holzfeuerung durch einen Heizkessel mit 2 Megawatt (MW) Leistung ersetzt. Gleichzeitig erfolgt eine Erweiterung des Netzes, einige zusätzliche Wärmebezüger schliessen sich an. 

Starke Ausweitung des Netzes ab 2010

Ab dem Jahr 2010 beginnt ein stetiger Ausbau des Wärmenetzes: Heizen mit Holz gilt als CO2-neutral und wird von der Gemeinde Rafz gefördert. Im Jahre 2011 erstellt die HWG an ihrem Standort südlich des Bahnhofs einen grossen Schnitzelschopf mit einem Volumen von 3200 Kubikmetern, fünf Jahre später wird der zweite Schnitzel-Kessel mit 0,9 MW Leistung in Betrieb genommen. Im Jahre 2019 erfolgt die Erschliessung des alten Industrie-Areals der SIG im Osten des Bahnhofs. Das zweite Fernwärmenetz «Rafz-Süd» wird neben dem bestehenden «Rafz-Nord» erstellt. Gemäss der aktuellen kommunalen Energieplanung der Gemeinde Rafz aus dem Jahre 2011 sollen neue Liegenschaften im Quartier zwischen Tannewäg und Bahnhofstrasse ihre Heizung an die Schnitzel-Heizung anschliessen. Dies gilt auch, wenn die bestehende Heizung ersetzt werden muss.

Die beiden Vorstandsmitglieder Felix Spühler (l.) und Hans Dünki im modernen Maschinen- und Steuerungsraum der HWG. Bild: Daniel Lehmann, Schaffhausen24

Knapp 200 Liegenschaften versorgt

«Heute sind 101 Einfamilien- und 47 Mehrfamilienhäuser, letztere mit 487 Wohnungen, vier grosse öffentliche Gebäude und Schulen sowie 17 gewerbliche Betriebe angeschlossen», sagt Felix Spühler. Die Anzahl der angeschlossenen Gebäude entspreche einer mit Wärme versorgten Zahl von gut 2000 Personen, also weit mehr als ein Drittel der Rafzer Bevölkerung, ergänzt Hans Dünki nicht ganz ohne Stolz. Das Leitungstrassee «Rafz-Nord» weist eine Länge von 4200 Metern, dasjenige von «Rafz-Süd» eine solche von 570 Metern auf. Der aktuelle Schnitzelverbrauch beträgt rund 11 000 Schüttraum-Kubikmeter im Jahr. «Das verwendete Schnitzelholz stammt zum grössten Teil aus dem Rafzer Wald oder den umliegenden Wäldern von Wil ZH, Eglisau, Buchberg oder Rüdlingen», hält Hans Dünki fest. 

Mit den angeschlossenen Wärmebezügern befindet sich die Anlage der HWG mit zwei Heizkesseln leistungsmässig am Limit. «Um die lückenlose Wärmeversorgung auch in Zukunft zu gewährleisten und Neuanschlüsse ab 2024 bewältigen zu können, brauchen wir die dritte Kesselanlage», sagt Felix Spühler. Insbesondere aufgrund der neuen Gewerbe- und Industriebetriebe, die in Rafz Fuss fassen werden, sieht er in Zukunft erhebliches Potential der Wärmeversorgung durch Holzschnitzel. 

Konkurrenzfähig

Die neu in Betrieb kommende Kesselanlage weist eine Leistung von 2,4 MW aus. Sie ist mit einem Feinstaubfilter der neuesten Generation ausgerüstet. Die Abgase ab der Filteranlage werden in einem Stahlrohrkamin im alten, rund 30 Meter hohen, historischen Backsteinkamin geführt. Alle kantonalen und schweizerischen Luftreinhaltevorschriften werden – wie im Übrigen auch mit den beiden bereits bestehenden Heizkesseln – vollständig erfüllt. Wie Vizepräsident Felix Spühler festhält, hat die HWG bis heute Investitionen in Millionenhöhe getätigt. Und dennoch sei heute ein Anschluss an die Schnitzelheizung nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch finanziell mit anderen Heizsystemen wie Wärmepumpen oder fossiler Energie konkurrenzfähig, ergänzt er. 

Auch künftig ein Erfolgsmodell

Für die Gemeinde Rafz hat die Fernwärmeanlage der HWG einen hohen Stellenwert. Die Gemeinde ist Genossenschaftsmitglied und Gemeinderat Markus Berger ist Präsident der HWG. «Seit 2010 führt unser Dorf das Label »Energiestadt Schweiz», dabei ist die effiziente Fernwärmeanlage mit erneuerbarer Energie ein wichtiger Pfeiler», sagt Gemeinderat Markus Berger. Dies soll auch in Zukunft so bleiben. So überlege sich die Gemeinde für ihre künftige Energieplanung unter anderem, den Anschluss an eine Schnitzelheizung auch in Dorfteilen zu ermöglichen, in denen dies heute aus technischen Gründen nicht möglich ist. Das könnte eine neue Kesselanlage an einem anderen Ort im Dorf bedeuten, eventuell eine Vergrösserung des Netzes «Rafz-Nord». Für ein solches Vorhaben müssen jedoch die Grundlagen zuvor erarbeitet werden. 

Felix Spühler und Hans Dünki lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sie offen sind für einen weiteren Ausbau und den Innovationen im Bereich der Holzheizung gespannt entgegenschauen. «Stillstand ist Rückschritt», sagt Hans Dünki dazu. 

Der Einbau der neuen Kesselanlage in Rafz ist bereits in vollem Gange. Bild: Daniel Lehmann, Schaffhausen24
Daniel Lehmann, Schaffhausen24