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Gesundheit
29.08.2023
31.08.2023 09:03 Uhr

Gemeinsam stark – «Ich weiss, wovon du sprichst»

Nadja Stocker schreibt im «Bock» in regelmässigen Abständen Ratgeberkolumnen für das Blaue Kreuz.
Nadja Stocker schreibt im «Bock» in regelmässigen Abständen Ratgeberkolumnen für das Blaue Kreuz. Bild: zVg.
Auch die Abgehörigen der Menschen mit einer Alkohlsucht sollten sich Hilfe holen. Dafür können sie sich an das Blaue Kreuz wenden.

Seit wir uns entschieden haben und es auch durchhalten, geht es uns als Familie besser. Es war ein steiniger und harter Weg und ist auch heute noch herausfordernd. Wir fragen uns oft, ob es das Richtige war, dies zu tun. Wir sprechen vom Kontaktabbruch zu unserer Tochter und Schwester, die seit über 20 Jahren von Alkoholsucht betroffen ist. – So ähnlich erlebte ich eine Familie, welche ich über mehrere Monate begleitet habe.
Auf der Fachstelle treffe ich auf Menschen – meist Eltern oder Familien –, die viele Jahre kämpfen, sich einsetzen, sich aufopfern und alles versuchen, dem alkoholkranken Familienmitglied zu helfen. Das geht so weit, bis sie irgendwann ausgebrannt und erschöpft sind. Sie müssen feststellen, ihre Hilfe führte dazu, die Sucht der Betroffenen aufrecht zu erhalten. Sie stecken tief in der Co-Abhängigkeit, ohne es zu merken. Viele Jahre kamen sie nicht auf die Idee, sich selber Unterstützung zu holen, da ja nicht sie «das Problem» haben. Diese Lebensgeschichten sind meist sehr komplex und zeigen herzbewegende Schicksale.
Einmal mehr ist es mir wichtig, darauf aufmerksam zu machen, wie wertvoll, unterstützend, erleichternd und hilfreich es für Angehörige sein kann, sich die Sorgen, den Schmerz und die Hilflosigkeit von der Seele zu sprechen. Denn es ist in Ordnung, wenn Angehörige nicht mehr weiterwissen, nicht mehr können und nicht mehr mögen, wenn die Kraft schwindet und die Energie ausgeht. Einen nahestehenden Menschen loszulassen ist schmerzhaft. Mütter und Väter kämpfen dabei mit Gewissensbissen. Da sind weise, aber entschlossene Entscheidungen gefragt. Und diese Entscheidungen liegen bei den Familien und Angehörigen.
Viele der Angehörigen wünschen sich einen Austausch mit anderen, die Ähnliches erlebt haben und nachvollziehen können. Als nichtbetroffene Person lassen sich leicht Ratschläge geben. Ratschläge können da jedoch Schläge sein. So helfen beispielsweise Austauschgruppen oder Selbsthilfegruppen, wo ein solcher Austausch auf Augenhöhe unter Gleichgesinnten stattfinden kann. Denn sie wissen, wovon sie sprechen.

Schaffhausen 24, Nadja Stocker