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Kultur
15.08.2023
15.08.2023 09:36 Uhr

Der Herr des Platzes

Seit 2017 ist Roli Fricker beim Stars in Town in die Bauleitung involviert. Auch bei der diesjährigen Durchführung des Festivals hatte der Kulturdienstleister die Leitung des Ressorts Infrastruktur inne.
Seit 2017 ist Roli Fricker beim Stars in Town in die Bauleitung involviert. Auch bei der diesjährigen Durchführung des Festivals hatte der Kulturdienstleister die Leitung des Ressorts Infrastruktur inne. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24
Bauleiter, Bühnentechniker, Staplerfahrer, Zimmermann oder Eventmanager: Roli Fricker kann wahrlich als Allrounder bezeichnet werden. Der «Bock» besuchte den eifrigen Platz- und Infrastrukturchef während seines Einsatzes am Stars in Town.

Freitag, 11 Uhr, Herrenacker Schaffhausen. Zahlreiche Helfer:innen wuseln über den grossen Platz, um den zweitletzten Festivalabend des Stars in Town vorzubereiten. Mittendrin: Bauleiter Roli Fricker. Während fünf Wochen ist sein Arbeitsort der Herrenacker. Roli Fricker ist Platz- und Infrastrukturchef beim Stars in Town. Und das Festival ist nur eines der Bauführungs-Mandate, welche der Selbständigerwerbende Jahr für Jahr mit grosser Passion erfüllt. 

Ansprechpartner für alles

Wir treffen Roli Fricker zum Interview auf dem Festivalgelände, wo er gerade mit Christoph «Bollo» Bollinger die für den Tag anfallenden Aufgaben bespricht. Das Infrastruktur-Team hat sich dort ein eigenes Büro eingerichtet, daneben befinden sich zwei Container mit dem Material- und Werkzeuglager. «Ab dem ersten Aufbautag bin ich jeden Tag hier», so Roli Fricker, der seit 2016 beim Stars in Town involviert ist. «Die Planung beginnt jedoch bereits mit dem Debriefing des vorangegangenen Festivals. Ab Juli wird es dann intensiv.» Während der Festivalzeit waren zudem Christof Blakolmer (Strom), Lukas Brugger (Infrastruktur), Sebastian Marx (Praktikant Konzeptbude) sowie 15 Helfer:innen täglich für das Infrateam im Einsatz. Und ob es ein Lastwagen ist, der nicht auf den Herrenacker fahren kann, um Eis für die Bar abzuladen, oder jemand einen Stapler-Fahrer braucht: Roli Fricker ist zur Stelle. 

Dieses «Allrounder-Sein» hat sich durch das ganze Leben des Bauleiters gezogen. Nach seiner Lehre zum Forstwart arbeitete er zuerst in einer Sägerei, dann in einer Zimmerei. Die erste Bauführung übernahm er während seiner Tätigkeit in einer Wohngruppe für Jugendliche. «Das Haus war niedergebrannt und ich baute es gemeinsam mit den Betreuenden wieder auf.» Weiterbildungen oder ein Studium habe er nie gebraucht: «Ich bin ein Bachelor im Improvisieren, das genügt», meint er schmunzelnd.

«Ich bin ein Bachelor im Improvisieren»
Roli Fricker über seine Tätigkeiten als Bauführer
Behält immer den Überblick: Roli Fricker, der Platz- und Infrastrukturchef beim Stars in Town. Fünf Wochen ist der Herrenacker über die Festivalzeit sein «Büro». Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24

Einen Namen in der Region

Aufgewachsen ist Roli Fricker in Neunkirch. Bereits als Jugendlicher wollte er seine Hände nicht stillhalten und rief mit Kollegen ein Openair für das Klettgauer Städtchen ins Leben. «Die erste Durchführung fand im Rahmen des Städtlifests statt, im Folgejahr verlegten wir die Veranstaltung in den Wald», erinnert sich der Kulturfanatiker, der über zwölf Jahre das Lead des Openairs innehatte.

Über die Jahre ist Roli Fricker ein bekanntes Gesicht in der Region Schaffhausen geworden. Dies nicht zuletzt aus seiner Zeit in der Kammgarn, wo er, erst in der Programmgruppe, dann im Kammgarn-Team 18 Jahre lang tätig war – als Türsteher, Beleuchter, Tontechniker oder Mitarbeiter beim Umbau. Über Jahre hinweg organisierte er die legendären Irish Nights. 

Involviert war der Theater- und Haustechniker der Bachturnhalle zudem diesen Juni bei den Schaffhauser Kulturtagen sowie dem jährlich stattfindenden Jazzfestival. Und wenn es gerade keine länger dauernden Projekte gibt, scheut sich Roli Fricker nicht davor, wieder in der Zimmerei oder in der Kammgarn als Beleuchter auszuhelfen. 

Seit 2017 selbständig

Nach seiner langjährigen Anstellung in der Kammgarn entschied sich der Reisebegeisterte für einen zehnwöchigen Trip durch Kanada. «Zurück in der Schweiz hatte ich während fünf Jahren diverse Arbeitgeber. Irgendwann stellte ich jedoch fest, dass ich mit dieser Arbeitsweise keine Pensionskasse einzahlte», erinnert sich Roli Fricker. «Von der Versicherung wurde mir ans Herz gelegt, eine GmbH zu gründen.» Das hiess: er musste 20 000 Franken auftreiben. «Ich hatte sehr grossen Respekt vor diesem Schritt und wagte es lange nicht.» 2017 gründete er die Kulturdienstleister GmbH. Die Befürchtung, dass er zu wenig Aufträge haben würde, verflog schnell.

Seine Mandate übt Roli Fricker mit grösstem Engagement aus – ganz nach dem Motto «keine halben Sachen.» Doch ebenso wichtig sind dem bald 64-Jährigen die Auszeiten. «Ich plane Anfang Jahr meine Ferien – der grosse Luxus ist, dass ich auch mal einen Auftrag ablehnen kann, wenn er mir nicht gefällt.»

«Mal hier, mal dort»

Wenn abends die Musik über den Platz schallt, ist für den Bauleiter die grösste Arbeit getan. Wo er während den Konzerten am Stars in Town anzutreffen ist? «Mal hier, mal dort – ich schaue, ob alles funktioniert und was man am nächsten Tag noch optimieren kann.» Je weniger es zu tun gibt, desto besser: «Denn das heisst, wir haben in der Planung und beim Bauen alles richtig gemacht.»

Lichtblick Pensionierung

Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Menschen sowie einem guten Team im Rücken – das ist es, was Roli Fricker an seinem Job besonders schätzt. «Und auf das Stars in Town bezogen ist es immer wieder ein Highlight, wenn das Publikum eine richtige Fete hat.» Grundsätzlich sei das Festival mit über 50 000 Besucher:innen dem 63-Jährigen als Veranstaltung aber eigentlich fast zu gross. 

Obwohl die Festivalzeit sehr intensiv ist und Roli Fricker oft weniger als sechs Stunden schläft, ist es das, was ihm beruflich die grösste Erfüllung gibt. «Der Optimalfall wäre, wenn ich sechs fixe solcher fünfwöchigen Projekte hätte und den Rest des Jahres frei einteilen könnte.» Doch so viele Jahre gibt es gar nicht mehr zu planen. Nächstes Jahr wird Roli Fricker 65 Jahre alt. «Egal, wie gerne ich morgens aufstehe, um zu arbeiten – die Pensionierung ist ein Lichtblick im Tunnel.»

Lara Gansser, Schaffhausen24