Spätestens seit COVID-19 ist der Mensch sensibel gestimmt, wenn irgendwo auf der Welt ein Brandherd entsteht, bei dem die Gesundheit der Menschen auf dem Spiel steht. Eine solch heikle Situation durchlebt gerade der südamerikanische Staat Peru. Dort hat nämlich die Regierung den Gesundheitsnotstand ausgerufen. Dabei handelt es sich in der Republik nicht etwa um einen neuen Corona-Hotspot, sondern es ist eine Nervenkrankheit, die für Aufsehen sorgt.
Angriff auf das periphere Nervensystem
Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), so nennt sich diese Erkrankung, greift das periphere Nervensystem an. Sie ist bereits 1916 von den Namensgebern, den beiden französischen Ärzten George Guillain und Jean Alexandre Barré, dokumentiert worden. GBS tritt normalerweise plötzlich auf und entwickelt sich in der Regel nach einer Infektion, wie zum Beispiel einer Atemwegs- oder Magen-Darm-Infektion. Es wird angenommen, dass das Immunsystem des Körpers in solchen Fällen fälschlicherweise das periphere Nervensystem angreift und Entzündungen verursacht. Die häufigsten Symptome von GBS sind Muskelschwäche und -lähmungen, die sich normalerweise von den Beinen bis zum Oberkörper ausbreiten. Die Schwäche kann so stark sein, dass sie zu einer vorübergehenden oder sogar dauerhaften Lähmung führt. Andere Symptome können Kribbeln, Taubheitsgefühl und Schmerzen in den betroffenen Bereichen sein. In einigen Fällen können auch die Atemmuskulatur und die Muskeln, die für das Schlucken verantwortlich sind, betroffen sein.
Notstand zur Sensibilisierung
Die Ursache der Häufung dieser Krankheit ist noch nicht genau definierbar. Wissenschaftler:innen diskutieren aktuell darüber, ob unter anderem Herpes, Zika oder gar Covid-19 Auslöser sein könnten. In Peru wurden allerdings vor vier Jahren rund 600 GBS-Fälle registriert, ohne dass der Staat reagierte; seit Januar dieses Jahres wurden knapp 200 Fälle gemeldet. Der momentane Gesundheitsnotstand ist vor allem politischer Natur, damit die peruanische Regierung auf Gelder zurückgreifen kann, die ihr sonst verwehrt bleiben würden. Zudem will der Staat die Aufmerksamkeit der Bevölkerung erlangen, damit Betroffene schneller reagieren, denn bei GBS ist der Zeitfaktor entscheidend für den Verlauf der Krankheit.
Keine aktuellen Massnahmen
Der Gedanke liegt nahe, dass die Bevölkerung auch hierzulande aufgeschreckt wird. Kann sich diese Nervenkrankheit auch hier bei uns ausbreiten? Fakt ist, dass es auch in der Schweiz vereinzelte Fälle von GBS gibt, doch die stellvertretende Schaffhauser Kantonsärztin Elke Lenz-Agnes gibt Entwarnung: «Selbstverständlich sind wir auch sensibilisiert und beobachten das Geschehen in Peru. Allerdings sind bislang keine Massnahmen getroffen worden, da in der Schweiz keine Häufung des Guillain-Barré-Syndroms erkennbar ist.» Zudem sei das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Lead, wenn sich die Situation ändern würde. Seitens des Kantons Schaffhausen schaltet jedoch niemand in den Panikmodus. «Es werden immer wieder Notstände ausgerufen, wie vor rund zehn Jahren, als der Ausbruch von Ebola bekannt wurde», erklärt die Ärztin. Oder wie vor zwei Jahren, als in den USA die Kinderlähmung (Polio) plötzlich wieder ausbrach. In Schaffhausen würde man sich an die Weisungen des BAG halten, wenn die Schweiz von einem Ausbruch betroffen sei. Auch wenn die jüngste Vergangenheit die Bevölkerung sensibilisiert hat, besteht betreffend des Guillain-Barré-Syndroms kein Grund zur Sorge. Und es wird auch nicht das letzte Mal sein, dass irgendwo auf dieser Welt vorsorgliche Massnahmen ergriffen werden, wenn eine Krankheit ausbricht.