Alle zehn Jahre präsentiert der Kanton Schaffhausen ein Visionenpapier. 2006 wurde ein kultureller Leuchtturm gesucht, der über die Region hinaus strahlt. Dieser Aufgabe nahmen sich drei Personen an: Thomas Nyffenegger, Simon Vogel und Adrian Brugger. Dies mit Erfolg – 2010 führten sie zum ersten Mal ein dreitägiges Musikfestival auf dem Herrenacker durch. 10 000 Besucher:innen waren Teil des Beginns eines Erfolgsprojekts, welches sich in den vergangenen 13 Jahren zu einem der bedeutendsten Musikfestivals der Schweiz entwickelte. Ein Unterfangen, das den Verantwortlichen grosse finanzielle Hürden, viele schlaflose Nächte und endlos viel Herzblut abverlangte.
«Bock»: Wir gehen ins Jahr 2010 zurück. Welches sind die ersten Erinnerungen, welche dir an die Anfänge des Stars in Town, damals noch «das festival», kommen?
Adrian Brugger: Das Pizzaessen am Dienstagabend im damaligen «Hoch 5» an der Hochstrasse. Unser Enthusiasmus war riesig, aber es herrschte sehr viel Durcheinander.
Von der Idee bis zur ersten Durchführung vergingen vier Jahre.
Brugger: Die Finanzierung war von Anfang an eine grosse Herausforderung. Damals gab es gerade das finanzielle Debakel mit dem Konkurs von «Die schwarzen Brüder» in der Stahlgiesserei, weshalb viele regionale Sponsoren zurückhaltend waren. Wir kannten die Eventbranche teils von unseren Hauptberufen – ich selbst arbeitete unter anderem viele Jahre als Sponsoringverantwortlicher für UBS und SRF – doch ein nationales Festival auf die Beine zu stellen braucht viel Geduld und Hartnäckigkeit.
Mit Simple Minds habt ihr bereits im ersten Jahr mit einem grossen Headliner aufgetrumpft. War es damals einfacher, an grosse Namen zu kommen?
Brugger: Die Eventdichte war damals schon gross, doch es war sicher einfacher. Im heutigen Marktumfeld ein solches Festival zu starten, wäre ein Selbstmordkommando.
2011 erlitt das Festival einen herben Rückschlag mit einem sechsstelligen Defizit. Wie kam es dazu nach dem erfolgreichen Start?
Brugger: Wir waren zu euphorisch. Das Festival wurde auf vier Tage ausgebaut – und wir hatten das Pech, dass mit Duran Duran ein Headliner mit starker Zugkraft absagte, den wir nicht gleichwertig ersetzen konnten. Bis dahin stemmten wir alles vereinsbasiert und im Hobbybereich. Doch nach diesem Defizit mussten wir uns überlegen, wie es weitergeht. Simon und ich entschieden, Strukturen zu schaffen und alles zu professionalisieren. Denn wir glaubten an die Zukunft.
Mit der neuen Organisation ab 2012 arbeiteten 200 Stellenprozent das ganze Jahr hindurch für das Festival (heute sind fünf Mitarbeitende das ganze Jahr beschäftigt). Der Event festigte sich und präsentierte 2013 einen neuen Kommunikationsauftritt und freute sich in diesem Jahr über den ersten ausverkauften Abend mit Mike & The Mechanics und Patent Ochsner. «Ein wichtiger Move war die Zusammenarbeit mit Christof Huber vom Openair St. Gallen, der uns vor allem im Bereich Booking unterstützt», so Adrian Brugger. Jahr für Jahr strömten mehr Musikfans in die Munotstadt. 2017 wurde das Angebot mit einer zweiten Bühne für Nachwuchskünstler:innen auf dem Fronwagplatz ausgebaut.
Gab es viele Momente, in denen du um die Zukunft des Stars in Town gebangt hast?
Brugger: Das beginnt jedes Jahr erneut beim Booken. Dass Weltstars wie Bryan Adams oder Lewis Capaldi nach Schaffhausen kommen, ist nicht selbstverständlich. Da stecken langatmige und komplexe Abläufe dahinter. Man offeriert sehr viel Geld und weiss erst Monate später, ob es klappt oder nicht. Und schlussendlich ist die Basis für alles ein gutes Programm. Denn nur so verkaufen sich Tickets, und von diesen Ticketeinnahmen lebt das Festival. Zudem haben wir eine sehr hohe und vor allem risikobehaftete Kostenseite, darunter das Wetter oder Künstlerausfälle.
Das klingt nach einem grossen Druck.
Brugger: Brutal. Was wir machen, ist kein 9-to-5-Job, sondern ein 7x12-Stunden-Job mit riesigem Druck und unzähligen schlaflosen Nächten. Dafür braucht es sehr viel Herzblut und Leidenschaft.