«Uri, vinciri, verberari, ferroque necari». Zu Deutsch: Ich werde es ertragen, verbrannt, in Ketten gelegt, geschlagen und durch das Schwert getötet zu werden. Intensive Zeilen. Dabei handelt es sich um einen Schwur. Geleistet worden ist dieser vom Gladiator Priscvs. Auch bekannt als Gianluca Lauricella.
Gebürtiger Römer
Ende 2013 packte Gianluca Lauricella der Tatendrang. Er gründete den Verein ARS GLADIATORIA. Der mittlerweile seit 20 Jahren in Schaffhausen lebende Vereinspräsident hegte schon immer eine Leidenschaft für Historisches. Aufgewachsen ist er in Italiens Hauptstadt Rom - stetig umgeben von Überbleibseln seiner grossen Idole, den Gladiatoren. Das Ziel von ARS GLADIATORIA ist es, die Geschichte eben dieser so authentisch wie möglich weiterzugeben. Versucht wird das durch die Darstellungen von Geschehnissen aus deren Lebzeiten. Hauptbestandteil der Vereinigung sind Darbietungen von Gladiatorenkämpfen. Keine ungefährliche Angelegenheit. Weshalb der Weg bis zum römischen Kämpfer seine Zeit dauert.
Der Herausforderer
Die Basis der ARS GLADIATORIA befindet sich von April bis Oktober im Amphitheater von Augusta Raurica nahe Basel. Die ehemalige Römerstadt ist nördlich der Alpen eines der grössten Vermittlungszentren für Geschichte aus jener Zeit. Einmal im Monat versammeln sich dort die Mitglieder, um gemeinsam zu trainieren und sich gegenseitig auszutauschen. Bezeichnet wird Augusta Raurica von ihnen auch als «Ludus», was mit Gladiatorenkaserne übersetzt werden kann. Über die Wintermonate kommen sie für ihre monatlichen Treffen in einer Turnhalle in Oberglatt ZH zusammen. Dies aufgrund des Wetters und der besseren Erreichbarkeit für sämtliche Mitglieder, welche aus der ganzen Schweiz stammen. Abseits der obligatorischen 12 Zusammenkünfte der Gruppe pro Jahr trainiert jeder Gladiator für sich alleine zuhause. Im Falle von Gianluca Lauricella zweimal die Woche in Schaffhausen. «Was trainiert wird, hängt stark von der verkörperten Gladiatorengattung ab.» Circa 30 verschiedene gibt es davon. «Ich habe mich für den sogenannten Provocator, sprich Herausforderer, entschieden.» Der Schaffhauser Gladiator kämpft bewaffnet mit einem mittelgrossen Schild und einem Schwert, dem Gladius. Als Schutz trägt er ein Brustblech, einen Helm, eine Beinschiene sowie einen Armschutz am Schwertarm. Die komplette Ausrüstung wiegt rund 12 Kilogramm. Unumgänglich deshalb in Gianluca Lauricellas Trainingseinheiten sind Ausdauer und Kraftübungen. Zurzeit zählt der Club ARS GLADIATORIA 12 Aktiv- sowie drei Passivmitglieder. Unter den aktiven Kämpfern befindet sich momentan keine Frau. Interessierte Gladiatrixen sind aber jederzeit herzlich willkommen. Egal ob Mann oder Frau – wer sich dem Verein anschliessen möchte, muss eine Probezeit bestehen. Die Bewährungsfrist der einzelnen Kandidat:innen dauert meistens zwischen neun bis 12 Monaten. Währenddessen werden die Novizen in die Kampfkunst der Gladiatoren eingeführt. Authentizität ist von grosser Wichtigkeit im Verein. Um diese zu gewährleisten, müssen sich sämtliche Neuanwärter:innen intensiv mit der antiken römischen Geschichte befassen. Generell konsultiert ARS GLADIATORIA regelmässig Expert:innen, unter anderem des Antikenmuseums Basel und natürlich von Augusta Raurica, um den Wissensstand zu erweitern. Einmal im Jahr, jeweils am letzten Wochenende im März, findet die Aufnahme neuer würdiger Rekrut:innen in die Vereinigung statt. Zuerst muss eine von den Veteranen gestellte Prüfung absolviert werden. Der genaue Inhalt jener bleibt geheim. Sobald alle Aufgaben gemeistert sind, erhalten Absolvent:innen ihren Gladiatorennamen und es kommt zur Ablegung des Sacramentum Gladiatorium. Ein Eid geleistet von Gladiatoren und Gladiatrixen auf ihren Ludus (siehe oben). Bestandesmitglieder wiederholen diesen ebenfalls jährlich an der Zeremonie.
Alles andere als nur Show
Durch das Veranstalten von Workshops führt ARS GLADIATORIA Kinder und Erwachsene in die Welt der römischen Berufskämpfer:innen ein. Duelliert wird sich im Verein aber nicht ausschliesslich zur Show. An Turnieren messen sie ihr Können mit anderen Gladiatorenvereinigungen. Ausgerüstet mit nicht ganz ungefährlichen Utensilien. «Hin und wieder kommt es natürlich bei den Gefechten zu Verletzungen», so Gianluca Lauricella. «Das Risiko ist aber nicht grösser als bei anderen Kampfsportarten.» Schwerter, Lanzen und Wurfgeschosse kämen zwar zum Einsatz – jedoch unscharf und teils abgepolstert. Die Kämpfe dauern je nach Veranstaltung rund sieben Minuten. Der «Summa Rudis» (Schiedsrichter) beaufsichtigt die Aufeinandertreffen der Kämpfenden. Gewonnen werden kann unter anderem infolge der Aufgabe eines/einer Gegner:in oder aufgrund von Punkten. Teilnehmer:innen erzielen diese beispielsweise durch das Touchieren von Armen oder Beinen ihrer Kontrahenten. Treffer am Hals und der Brust gelten als Todesstösse und laufen auf einen sofortigen Sieg heraus. Für Gianluca Lauricella sind Disziplin, Respekt und vor allem Widerstandsfähigkeit unabdinglich, um als Gladiator der Neuzeit zu bestehen. Sie kämpfen nicht mehr bis zum Tode, aber nahe an der Schmerzgrenze.