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Fussball
24.04.2023

Der Lokalheld seiner Stationen

Davide Mariani verbringt die fussballfreie Zeit auch gerne mit Reisen. Hier besucht er die dänische Hauptstadt Kopenhagen.
Davide Mariani verbringt die fussballfreie Zeit auch gerne mit Reisen. Hier besucht er die dänische Hauptstadt Kopenhagen. Bild: zVg.
Davide Mariani lancierte seine Karriere in Schaffhausen, welche ihm schliesslich via Lugano die Türe nach Europa öffnete. Doch anders als viele seiner Amtskollegen wählte der gebürtige Zürcher einen speziellen Weg. Im vergangenen Winter ist der Fussballer wieder zurückgekehrt und bleibt dem FCS mindestens bis im Sommer erhalten. Nun blickt er auf seine bisherige Laufbahn zurück.

Als Anfang Februar die Transfermeldung verkündet wurde, dass Davide Mariani für ein halbes Jahr zum FC Schaffhausen zurückkehre, war das für viele Fans ein Gefühl, als würde man in der tiefen Nachspielzeit den entscheidenden Treffer erzielen. «Das ist eben noch einer von uns», so der Grundtenor der Fanseite. Einer, der die Ärmel hochkrempelte, wenn es sein musste, den Rasen umpflügte, und auch mal bei Unstimmigkeiten den Finger in die Wunde legte. Und an guten Tagen auch mal das eine oder andere Traumtor schoss. Davide Mariani verbreitet aber auch gute Laune mit seinem Lachen. Genug freudige Argumente dafür, dass einer der früheren Leistungsträger mit 31 Jahren den Weg zurück «nach Hause» fand.

Von Null auf Hundert zum Leader

Doch die Zukunft von Davide Mariani hing einst am seidenen Faden. Der aufstrebende Mittelfeldspieler strebte als amtierender Cupsieger nach einem Fixplatz im Kader, doch der FC Zürich, sein Ausbildungsverein, zögerte. Das rief den damaligen FCS-Trainer Maurizio Jacobacci auf den Plan, der den damals 23-Jährigen schliesslich in die Munotstadt lotste. «Ich musste schnell die Rolle des Leaders übernehmen. Als junger Spieler ist das gar nicht so einfach», erinnert sich Davide Mariani zurück. «Rückblickend war es für mich die beste Ausbildung, die ich je erleben durfte.» Der gebürtige Zürcher verankerte sich in den Herzen der Fans. FCS und Mariani: Das matchte definitiv. 64 Spiele lang, geschmückt mit 13 teils herrlichen Treffern.

«Ich fuhr voll auf Risiko und ohne zu Zögern ins Tessin. »
Davide Mariani, Profifussballer

Auf Alioskis Sofa geschlafen

Nachdem 2016 die Leihe mit dem FC Zürich auslief, wollte ihn der FCS fix übernehmen, jedoch scheiterten erste Verhandlungen. Auch ohne Vertrag trainierte er weiter auf der Breite, bis ein Angebot eines Ligakonkurrenten auf dem Tisch lag: «An dem Tag, als ich dort den Vertrag hätte unterzeichnen sollen, meldete sich der FC Lugano, ich solle in vier Stunden zum Probetraining erscheinen», erzählt Davide Mariani. «Ich kam gerade aus dem FCS-Training und fuhr voll auf Risiko und ohne zu zögern direkt ins Tessin. Und blieb.» Er wohnte eine Zeit lang beim vorherigen FCS-Wegbegleiter Gjanni Alioski auf dem Sofa in dessen 1-Zimmer-Wohnung und weil Davide Mariani keine Kleidung dabei hatte, teilten sie sich auch diese. «Wie zwei junge Abenteurer auf dem steinigen Weg, ihren Traum zu verwirklichen», blickt er zurück. «Wir beide wollten mit Lugano zeigen, was wir drauf haben.» Gjanni Alioski wählte später als Ernte den Weg zum Traditionsklub Leeds United, während es Mariani in den Osten zog.

«Levski schickte mir ein Flugzeug»

Levski Sofia wurde auf den Offensivspieler aufmerksam und wollte ihn unbedingt verpflichten. «Was will ich in Bulgarien, fragte ich mich ernsthaft. Ich ging nach Saisonschluss erst mal in die Ferien nach Ibiza und was machte Levski? Sie schickten mir ein Flugzeug nach, mit der Bitte, ich möge doch für drei Tage vorbeikommen.» In den Urlaubsklamotten und mit Handgepäck bestieg er den Flieger nach Sofia. Auch dieses Mal kehrte er nicht zurück, sondern blieb gleich ein Jahr lang dort. «Hierzulande hat man einen Verein wie Levski Sofia nicht auf dem Radar, aber was ich dort antraf, überstieg sämtliche Dimensionen, die ich bislang erlebt hatte», staunt Davide Mariani noch heute. Die Strahlkraft dieses Clubs im Balkan sei immens.

Beim FC Schaffhausen ist Davide Mariani (r.) auf Raul Bobadilla getroffen. Die beiden verstehen sich sowohl auf dem Platz, wie auch neben dem Spielfeld sehr gut. Bild: Roger Albrecht

Die Klubsituation war zu chaotisch, auch wenn der Lohn immer pünktlich kam. Darum liebäugelte Davide Mariani abermals mit einem Wechsel, weil er sich in der Blüte der Karriere befand. «Die neue Saison begann bereits und ich traf in den ersten fünf Spielen viermal. Plötzlich meldete sich der FC Shabab Al-Ahli aus den Emiraten und wollte mich für 1,5 Millionen Euro verpflichten. Der Levski-Trainer akzeptierte das, allerdings mit der Bedingung, dass ich noch ein Spiel absolviere.» Auch hier ging er den riskanten Deal ein. Mit zwei Toren verabschiedete sich Davide Mariani von der Levski-Familie und vergoldete sich den Heldenstatus bei den Fans.

Top-Adresse im asiatischen Fussball

Shabab Al-Ahli gehört zu den kontinentalen Big Playern. Das machte Davide Mariani neugierig, weshalb er sich auf das nächste Abenteuer einliess. «Es ist lustig, ich wurde für diesen Transfer auch kritisiert. Aber dieselben Leute fragten mich dann später um Rat aller Art, wenn sie auch nach Dubai wollten», schmunzelt Mariani. In den Arabischen Emiraten fasste er Fuss, ehe im Juli 2021 der Vertrag auslief. Für ein halbes Jahr schloss er sich, wieder zurück in Bulgarien, dem Verein Beroe Stara Zagora an. Die Zeit im vergangenen Sommer nutzte er, um in Andalusien seine Eva zu heiraten.

Hier, um Karriere neu zu lancieren

Mariani hielt sich in Dubai fit, ehe der Deal mit dem FC Schaffhausen zustande kam. «Ich bin sehr dankbar, dass mich der FCS wieder aufgenommen hat. Es ist nicht selbstverständlich, einen arbeitslosen Fussballer zu verpflichten. Egal, was er bislang für den Verein leistete», zeigt sich der Rückkehrer voller Demut.
Davide Marianis Situation zu beschreiben und richtig einzuschätzen, ist gar nicht so einfach. «Klar ist es eine Rückkehr zu dem Verein, dem du viel zu verdanken hast, wo du dich zuhause und geborgen fühlst. Doch an eine solche Rückkehr habe ich bis vor Kurzem nicht gedacht, weil ich eigentlich meine Karriere nochmals lancieren will». Dass er diesen Neuanlauf ausgerechnet beim FCS macht, sei den gegebenen Umständen zu verdanken.

Zwischen 2014 und 2016 bestritt Davide Mariani 64 Pflichtspiele für den FCS. Seit seiner Rückkehr in die Munotstadt hat der Mittelfeldspieler bereits wieder zehn Partien für Gelb-Schwarz absolviert. Bild: zVg. / Roger Albrecht

Zukunft noch völlig offen

Zehn weitere FCS-Einsätze sind bis heute dazu gekommen. Welchen Weg der Routinier für die neue Spielzeit einschlagen wird, steht noch völlig in den Sternen. Für den Aufbau einer schlagkräftigen Truppe auf die kommende Saison hin wäre ein Verbleib des erfahrenen Mittelfeldakteurs für den FCS ohne Frage von grossem Wert. Nebenbei absolviert der bald 32-Jährige ein Studium im Bereich Sportmanagement und schliesst im kommenden Herbst ab.
Dass Davide Mariani nicht der einzige abenteuerlustige Fussballer mit Schaffhauser Vergangenheit ist, beweist übrigens auch Karim Rossi, der 2016 die gelb-schwarzen Farben trug. Seine Stationen führten von der Schweiz in mittlerweile acht Länder. Zuletzt wechselte der 28-jährige Stürmer vergangenen Sommer von Luxemburg nach Indonesien zu Dewa United. Ob Davide Mariani nochmals das Fernweh packt oder ob er zuhause in der Munotstadt bleibt – die Zukunft wird es zeigen. Nur eines ist sicher: Hat er sich für einen Weg entschieden, beschreitet er diesen mit hundertprozentiger Überzeugung. Wie immer.

Davide Marianis Laufbahn

 

bis 2013 FC Zürich U21
2013-2014 FC Zürich
2014-2016 FC Schaffhausen
2016-2018 FC Lugano
2018-2019 Levski Sofia
2019-2020 Shabab Al-Ahli
2020-2021 Ittihad Kalba
2022 Beroe Stara Zagora
2023-? FC Schaffhausen

 

Schaffhausen24, Ronny Bien