Der Begriff Gender hat in den vergangenen Jahren eine Omnipräsenz erlangt. Und das selten ohne Diskussionen. Auch die deutsche Sprache ist diesbezüglich im stetigen Wandel. Seit den 90er-Jahren ist der Genderstern im Umlauf des Sprachgebrauchs; sogar der Unterstrich stattete, allerdings nur kurzzeitig, einen Besuch in der deutschen Sprache ab, weil schliesslich «Leser_innen» alles andere als ästhetisch wirkt. «Leser*innen» hat sich hingegen bewährt und seit 2018 ist nun der Gender-Doppelpunkt auf der Überholspur. Übrigens – erstmals gegendert wurde bereits in den 60er-Jahren, als Feministinnen und Feministen den Schrägstrich verwendeten, also «Leser/innen».
Nonbinäre Neupronomen gemeint?
Gender ist divers, und weil es für nonbinäre Menschen in der deutschen Sprache ursprünglich keine geschlechtsneutralen Pronomen gibt, sind dafür Neopronomen wie «they», «hen» oder «xier» geschaffen worden. Die Begriffe transsexuell oder intersexuell werden nicht mehr verwendet, da sie stets in Verbindung mit einem Krankheitsbild gebracht werden. Verständlich. Ob das ein Thema sein wird? Oder was könnte denn bloss in diesem Vortrag Neues zur Sprache kommen?
Die Ideologie der Dreigliederung
Im Beringer Gemeindehaus ankommend, wurde bei der Begrüssung gleich das Du angeboten. Martin Matzat, aus der Nähe des norddeutschen Wacken stammend, diplomierter Wirtschaftsingenieur, ehemaliger Fussballer, ging mit Frau und Kind auf Weltreise und lebte auf Teneriffa. Weil die Erfahrungen in Spanien mit der Waldorf-Community so positiv waren, fanden sie auf der Suche nach einer geeigneten Waldorfschule diese in Schaffhausen und leben seither hier. Anstatt sich durch einen gut dotierten Job finanziell abzusichern, begab sich Martin Matzat in die Auseinandersetzung mit der «Dreigliederung des sozialen Organismus» nach dem Prinzip von Rudolf Steiner.
Elefant:innen ganz klar ein No-Go
Mit seinem anthroposophischen Wissen schlussfolgerte er, dass das Gendern ausschliesslich aus moralischen Gründen befürwortet oder abgelehnt werde. Einerseits fördere es die Gleichberechtigung, andererseits sei mensch gegenüber Neuem stets skeptisch. Einig ist man sich, dass «Elefant:innen» ein absolutes No-Go ist. Es gebe zudem prioritärere Probleme, als sich um «/_*:» zu kümmern. Es könne hingegen auch sein, dass ein paar Generationen später Gendern selbstverständlich sein wird. Denn heutzutage schreibe auch niemand mehr «Thurm» oder trennt ck mit Doppel-k.
Weitere Referate stehen bevor
Für Martin Matzat, der erstmals über das Gendern referierte, war dieser Abend eine fachliche Standortbestimmung, weil sich darin viele weitere Themen öffneten, die ausrecherchiert werden müssen. Bis Ende Juni wird der junge Philosoph an selber Stelle drei weitere Referate über «Wassermannzeitalter-Prophezeihung», «finanzielle Freiheiten» und «Mysterium persönliche Wahrheit» halten und dabei spannende Diskussionen anreissen.