Ying Xu ist in China geboren und aufgewachsen. In ihrem Heimatland bildete sie sich in chinesischer Malerei, Ölmalerei, Druckkunst, Kalligrafie, Grafik und Bildhauerei aus (der «Bock» berichtete am 27.09.2021). Sie vertiefte ihre Kenntnisse in der Malerei an einer renommierten Kunst-Universität in Peking. Die Malkunst war der rote Faden in ihren bisherigen Arbeiten. Für die Schaffhauser Kunstkästen greift sie nun aber nicht zum Pinsel, sondern in die Nähschatulle. In ihrem Flicklabor in Feuerthalen nimmt sie den roten Faden und näht damit an Früchten und Blumen.
Die italienische Blume
Die Künstlerin stiess in den Familienferien in Italien auf eine wunderschöne Blüte. Ying Xu überlegte, wie sie diese Blüte konservieren könnte. Die Form sollte möglichst auch in getrocknetem Zustand beibehalten werden. «Ich nahm meine Reise-Nähutensilien und fing an, die Blütenblätter aneinanderzunähen.» Wieder zurück in der Heimat brannte sie darauf, diese Technik auch auf Früchten und heimischen Blumen umzusetzen. Während der Arbeit in ihrem Atelier sinnierte sie immer mehr über die Zusammenhänge zwischen Zeit, Vergänglichkeit und wie insbesondere Frauen die Spuren ihrer Haut zu «flicken» versuchen.
Der rote Faden
Auch wenn die Malerin mit dem Flicklabor künstlerisch einen ungewohnten Weg geht, ist auch diese Kunst-Art ein Ausdruck ihrer Persönlichkeit. «Nicht nur als Künstlerin, sondern insbesondere als Frau und Mutter denke ich viel über die Definition von Zeit nach». Die Spuren der Zeit zeichnen sich für die zweifache Mutter nicht nur an der menschlichen Haut ab, sondern auch an Früchten und Blumen. Der rote Faden in ihren Arbeiten ist bewusst gewählt. Ying Xu gibt an: «Rot ist die Farbe des Lebens.» Und so haucht sie den Objekten mit rotem Garn Leben ein. Dabei wandelt sie den abstrakten Ausdruck von Zeit in Kunst um. Die Feuerthalerin beschreibt sich selbst als leise Künstlerin. «Mit der indirekten Kunst des Flicklabors kann ich subtil und im Stillen meinen Gefühlen Ausdruck verleihen.»
Vernissage am kommenden Samstag
Die Gruppenausstellung «Das Feministische Kapital» befasst sich in den zehn Kunstkästen in der Stadt Schaffhausen künstlerisch mit feministischen Themen. Die Arbeiten von Ying Xu werden ab dem kommenden Samstag, 11. März, darin zu bestaunen sein. Die Vernissage, als Rundgang mit der Künstlerin, beginnt um 16 Uhr. Treffpunkt ist beim ersten Kunstkasten (Ticketeria, Bahnhof Schaffhausen). Interessierte erfahren während des Rundgangs nicht nur mehr über die Zusammenhänge zwischen den Objekten und der Lebensphilosophie der Künstlerin. Sie werden insbesondere dazu eingeladen, ihre eigene Interpretation dieser aussergewöhnlichen Kunstwerke zu entwickeln.