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Politik
09.01.2023
10.01.2023 08:31 Uhr

«Das ist sozusagen die Meisterprüfung»

Diego Faccani ist im Jahr 2023 der höchste Schaffhauser. Er wurde Ende Dezember vom Parlament zum Kantonsratspräsidenten gewählt.
Diego Faccani ist im Jahr 2023 der höchste Schaffhauser. Er wurde Ende Dezember vom Parlament zum Kantonsratspräsidenten gewählt. Bild: Nathalie Homberger, Schaffhausen24
Diego Faccani (FDP) präsidiert im Jahr 2023 den Schaffhauser Kantonsrat. Der «Bock» traf den Schuhmachermeister zum Interview.

Der Schaffhauser Kantonsratspräsident 2023 heisst Diego Faccani (FDP). Der 57-Jährige will in seinem Amtsjahr vor allem eins: die Traktandenliste in einem guten Tempo abarbeiten, ohne dabei die Debatten zu vernachlässigen. Zum Amt gehören nicht nur das Leiten durch die 22 anstehenden Sitzungen oder die Organisation des Rates, sondern auch repräsentative Aufgaben. Von 2012 bis 2020 politisierte er im Grossen Stadtrat, seit 2017 ist er Kantonsratsmitglied. Schon vor seiner Zeit in der Legislative war er politisch interessiert und aktiv. Welche Ziele er sich für sein Amtsjahr gesteckt hat, erklärt er im Interview.

«Bock»: Herr Faccani, Sie wurden Ende Dezember mit 54 Stimmen zum Schaffhauser Kantonsratspräsidenten 2023 gewählt. Haben Sie mit so vielen Stimmen gerechnet?

Diego Faccani: Nein, ich habe nicht damit gerechnet. Man ist immer nervös vor dem Resultat, das man schlussendlich erhält. Letztes Jahr hatte ich 49. Daher dachte ich nicht, dass es mehr werden als 50. Da kann ich schon sagen, dass ich ein wenig stolz bin. 

War das Amt ein Ziel von Ihnen?

Faccani: Nein eigentlich nicht, denn in diesem Amt wirst du auch ruhiggestellt. Aber ich wurde vor drei Jahren von meiner Fraktion angefragt, als damals Lorenz Laich ausschied. Dass ich zusagte, war eine Bauchentscheidung.

Was haben Sie sich für das Amtsjahr als Ziel gesetzt?

Faccani: Mein Ziel ist, dass wir keine dreiseitige Traktandenliste mehr haben am Ende des Jahres. Dafür brauche ich aber den Rat. Ich muss schauen, dass weniger ‹geschnorrt› wird und mehr gearbeitet. Das gehört natürlich zum Parlament. Aber es gab teilweise epische Voten, zudem wurden vielfach die gleichen Argumente vorgetragen, was alles in die Länge gezogen hat. Das Resultat war am Schluss aber dasselbe. 

Und Sie werden das schaffen?

Faccani: Ich hoffe es. Ich will aber nicht ein strenger Präsident sein und nur durchgreifen, wenn es sein muss. 

Welche Themen wird der Kantonsrat im Jahr 2023 beschäftigen?

Faccani: Wir beschäftigen uns primär mal mit uns selbst Anfang Jahr, das heisst mit der Einführung des neuen Ratssystems beziehungsweise der Digitalisierung für die Sitzungsvorbereitungen in den Kommissionen und auch im Rat selbst. Das zweite Thema ist die Attraktivierung des Milizparlaments, das heisst die Änderung der Geschäftsordnung respektive des Gesetzes des Kantonsrates. Zudem kommt noch die Finanzierungsentflechtung zwischen den Gemeinden und dem Kanton. Das wird auch noch gut zu diskutieren geben. 

Für den Schuhmachermeister und Kantonsratspräsident Diego Faccani gehören Familie, Beruf und Gewerbe zu seinen politischen Herzensthemen. Bild: Nathalie Homberger, Schaffhausen24

Wo sehen Sie noch Potential im Parlament?

Faccani: Das ist schwierig zu sagen. Aber in den vergangenen zwei Jahren erhielten wir eine Flut von Vorstössen, als wären es Wahljahre gewesen. Natürlich ist es wichtig, dass sich die Mitglieder einbringen. Aber nicht in diesem Masse. Manche Mitglieder bringen Vorstösse, die aus dem Kanton Zürich oder Aargau kopiert sind. Das ist unter anderem daran zu erkennen, dass es manchmal vergessen geht, gewisse Namen zu löschen. Sie beschäftigen damit die Verwaltung und den Rat, aber sie bringen schlussendlich nichts.  

Zurück zu Ihren Anfängen: Wie kamen Sie eigentlich zur Politik?

Faccani: Wie die Jungfrau zum Kind. Das war an einem Abend, als ich vor der Musikschule auf meinen Sohn wartete. Da rief mich Christoph Schärrer an und sagte, ich solle auf die Liste der FDP. Ich war damals noch parteilos. Dann sagte ich kurzerhand zu und prompt wurde ich 2012 in den Grossen Stadtrat gewählt. Natürlich war ich vorher schon politisch interessiert. 

Was sind Ihre politischen Herzensthemen?

Faccani: Diese sind vielschichtig. Einerseits Familie und Beruf sowie die ganzen Gewerbethemen, auch wenn der Kantonsrat dafür teilweise der falsche Ort ist. 

Wo sehen Sie also den Unterschied zwischen dem Grossen Stadtrat und dem Kantonsrat?

Faccani: Auf Gemeindeebene hast du ganz andere Hebel und viel direktere Geschäfte. Wir im Kantonsrat beschäftigen uns eher auf Gesetzesstufe. Zudem diskutieren und politisieren wir auf einer anderen Ebene. Ich musste mich sehr daran gewöhnen. Der Diskurs im Kantonsrat ist viel angenehmer. Im Grossen Stadtrat wird manchmal nur auf die Person geschossen. Da ist es egal, um welches Geschäft es geht.  

Wie werden Sie sich auf die erste Sitzung am 16. Januar vorbereiten? 

Faccani: Gestern hatte ich das erste Gespräch mit dem Sekretariat. Wir wollen in der ersten Sitzung vor allem die Vorstösse aller Kantonsratsmitglieder abarbeiten.  

Inwiefern werden Sie sich von Ihren Vorgängern unterscheiden?

Faccani: Sie haben an sich eine gute Arbeit geleistet. Ich werde versuchen, dies im gleichen Rahmen fortzuführen. Vielleicht werde ich mehr auf das Tempo drücken. Aber der Diskurs darf dabei nicht untergehen. Das ist ein schmaler Grat, auf dem man sich bewegt. 

Welche grössten Herausforderungen sehen Sie im kommenden Jahr? 

Faccani: Das Budget. Wenn ich das durchbringe, bin ich zufrieden. Die Rechnung ist ja nur Vergangenheitsbewältigung. Wenn es so weitergeht mit den Kantonsfinanzen, dann wird das wohl keine Herausforderung. Aber wir sehen es im Herbst. Das ist sozusagen die Meisterprüfung. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Kantons Schaffhausen?

Faccani: Dass der Kanton weiter prosperiert, dass wir die schwierigen Zeiten umschiffen können und dass wir vielleicht mehr Junge in den Kanton bringen. Diesbezüglich befinden wir uns schon auf dem richtigen Weg. 

Zu Diego Faccani

Alter: 57 Jahre
Beruf: Schuhmachermeister
Partei: FDP (seit 2012)
Bisherige politische Ämter: Grossstadtrat (von 2012 bis 2020), Kantonsratsmitglied seit 2017, Kantonsratspräsident 2023
Hobbys: Politik, Skifahren, Schweizer Orgel

Nathalie Homberger, Schaffhausen24