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Gesundheit
28.12.2022

Den Viren Saures geben

Die Ausbreitung von Aerosolen war während der Pandemie ein zentrales Thema.
Die Ausbreitung von Aerosolen war während der Pandemie ein zentrales Thema. Bild: Youtube-Videostill
Ein Schweizer Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Zürich zeigt, dass ausgeatmete Aerosole Säuremoleküle aus der Luft aufnehmen. Die entscheidende Entdeckung: Ein hoher Gehalt an Säure macht die Viren schneller inaktiv.

Das Wort «Aerosol» wurde während der Corona-Pandemie Bestandteil des allgemeinen Sprachgebrauchs. Aerosole sind winzige Tröpfchen, die Viren enthalten können; sie werden beim Niesen, Husten oder auch nur beim Reden zum Teil meterweit im Raum verteilt. So verbreiten sich Viren sehr effizient. Deshalb ist das Lüften eine der wichtigsten Massnahmen gegen Viren.

Säureempfindliche Viren

Ein Team von Forscherinnen und Forschern der ETH Zürich, der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und der Universität Zürich (UZH) hat nun zum ersten Mal untersucht, welchen Einfluss auf die Virenfracht es hat, wenn die Aerosolpartikel nach dem Ausatmen in der Raumluft saurer werden. Bekannt nämlich war, dass viele Viren, zum Beispiel das Influenza A-Virus, säureempfindlich sind. 

Sauer wie Orangensaft

Dem Forschungsteam zufolge versauern die ausgeatmeten Aerosolpartikel schneller, als man erwarten könnte. Wie schnell sie dies tun, hängt von der Konzentration der Säuremoleküle in der Umgebungsluft und von der Grösse der Aerosolpartikel ab. Kleine Partikel erreichen schon nach rund 100 Sekunden einen pH-Wert von 4, was etwa dem Säuregehalt von Orangensaft entspricht.

Inaktivierung nach einer Minute

Allerdings ist Virus nicht gleich Virus: Die Coronaviren wurden in der Studie erst bei einem pH unter 2 inaktiviert, also bei sehr sauren Bedingungen, etwa wie in unverdünntem Zitronensaft. Solche Bedingungen werden in typischer Innenraumluft nicht erreicht. Influenza A-Viren werden hingegen schon bei sauren Bedingungen von pH 4 nach einer Minute inaktiviert.

Filter können kontraproduktiv sein

Was gefilterte Luft betrifft, ändert dieser Befund alles: Schon normale Klimaanlagen mit Luftfiltern können zu einer Verringerung flüchtiger Säuren führen. Der Säureabbau durch Aktivkohlefilter in Museen, Bibliotheken oder Krankenhäusern ist vermutlich sehr ausgeprägt. «In solchen öffentlichen Gebäuden kann das relative Risiko einer Influenza-Übertragung im Vergleich zu Gebäuden, die mit ungefilterter Aussenluft versorgt werden, erheblich steigen», schreibt das Team in seinem Artikel.

Luft mit Säure anreichern?

Das Forschungsteam könnte sich deshalb vorstellen, gefilterter Luft geringe Mengen an flüchtigen Säuren wie Salpetersäure zuzusetzen und basische Stoffe wie Ammoniak zu entziehen. Es geht aber davon aus, dass eine solche Massnahme sehr umstritten sein wird, da solche Säuremengen eventuell negative Folgen für Kunstwerke und für die Leitungen in Gebäuden haben können.

Medienmitteilung der Universität Zürich:

https://www.news.uzh.ch/de/articles/news/2022/aerosol.html

Tobias Hoffmann, Zürich24