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Kultur
31.10.2022

Veronika Dierauer erhält den ERNTE-Kunstpreis der Mobiliar 2022

Im Museum zu Allerheiligen ist die ERNTE-Ausstellung bis zum 26. Februar 2023 noch zu sehen. (Archivbild)
Im Museum zu Allerheiligen ist die ERNTE-Ausstellung bis zum 26. Februar 2023 noch zu sehen. (Archivbild) Bild: zVg.
Die begehrte Auszeichnung des ERNTE-Kunstpreises wird seit 1999 alle zwei Jahre im Rahmen der jurierten ERNTE, der Jahresausstellung der Schaffhauser Kunstschaffenden verliehen. Die diesjährige Ausgabe der ERNTE findet vom 30. Oktober 2022 bis 26. Februar 2023 unter Beteiligung von 21 Künstlerinnen und Künstlern statt. Sie wurden aus 79 Bewerbungen ausgewählt.

Der mit 10 000 Franken dotierte Preis wird wie bereits 2016, 2018 und 2020 von der Mobiliar Genossenschaft Generalagentur Schaffhausen gestiftet, die auch die Ausstellung unterstützt. Die diesjährige Kunstpreis-Jury stellten Katharina Epprecht (Direktorin Museum zu Allerheiligen), Jan Czerwinski (Künstler, Uster) und Dorothea Strauss (Senior Consultant, die Mobiliar).

Kollektive Erfahrung

Der ERNTE-Kunstpreis der Mobiliar 2022 geht an die Künstlerin Veronika Dierauer (*1973) für ihr Werk Standby, 2022 und wurde ihr anlässlich der Ausstellungseröffnung verliehen.

Bei Standby handelt es sich um eine Skulptur aus Carrara-Marmor. Sie hat die Form und die Grösse eines Rollkoffers, ist 70 cm hoch, 49 cm breit und 38 cm tief. Details wie die Handgriffe, die Räder und sogar die kleinen Schiebergriffe des Reissverschlusses sind detailgetreu nachgebildet. Aus Distanz vermag das Werk als Trompe l'oeil das Auge tatsächlich zu täuschen, zumal heute Rollkoffer aus Kunststoff in Marmoroptik im Handel sind. Die Jury begründet ihren Entscheid für die Preisvergabe mit den nachfolgenden Betrachtungen: In der Skulptur Standby verdichten sich exemplarisch die Erfahrungen aus der Zeit anfangs der 2020er Jahre. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie, des Lockdowns, angesichts von geschlossenen Läden, autoleeren Strassen und dem Erliegen des Flugverkehrs war nicht nur das öffentliche Leben blockiert, die Gesellschaft war wie zu Stein erstarrt und gewissermassen auf Standby geschaltet. Standby bedeutet vor allem warten und sich bereithalten. Die freie Bewegung der Menschen ist dabei einschränkt, Entscheidungen, ob, wann und wie es weitergehen wird, werden an anderer Stelle getroffen. Ein Reisekoffer signalisiert genau das Gegenteil, Beweglichkeit und freie Wahl der Destination. Doch dieser Marmorkoffer wiegt um die 260kg und wäre gerade etwas zu gross, um bei einer Fluggesellschaft als Handgepäck durchzugehen. Er müsste als Fluggepäck aufgeben werden, was hiesse, in einer Reihe anzustehen, gerade so wie es vielerorts während der Pandemie eingeführt wurde. Standby wird zum Inbegriff jenes Stillstands, der zur kollektiven Erfahrung wurde. 

Das Werk markiert wie ein Meilenstein eine Zeit, in der sich weltweit vieles verändert und Fragestellungen und Probleme sichtbar werden. Diese Herausforderungen, die uns alle angehen, stehen in einem grösseren Kontext, wir können sie nur kollektiv beantworten und lösen. Standby steht daher sinnbildlich auch für eine gesamtgesellschaftliche Bürde, die wir nur in einer gemeinsamen Anstrengung tragen können. Die Marmorskulptur ist damit ein vielschichtiges Zeitdokument und im eigentlichen Sinn ein Denkmal.

Die ausgebildete Steinbildhauerin Veronika Dierauer lebt und arbeitet in Wagenhausen/Kaltenbach.

Schaffhausen24, Originalmeldung Museum zu Allerheiligen