Wenn auf einem Boot vor der Kulisse des Rheinfalls in Neuhausen literarischen Meisterwerken gelauscht werden kann, heisst das eines: die Literaturboote legen wieder ab. Wie jedes Jahr sind vier abwechslungsreiche Fahrten mit spannenden Lesungen zu erwarten.
Bereits zum siebten Mal werden die Literaturboote kommenden Sonntag auf dem Rhein schippern. «Nachdem wir letztes Jahr pandemiebedingt die Personenzahl pro Boot reduzieren mussten, können wir dieses Jahr wieder bis zu 35 Gäste mitnehmen», so Christian Di Ronco, Mitglied des Organisationskomitees (OK) vom Rebbauverein Neuhausen.
Magische Stimmung
Alle zwei Stunden wird ein Boot von der Bootsanlegestelle beim Schlössli Wörth ablegen und die Literaturfreundinnen und Literaturfreunde mit auf eine spannende Reise nehmen. «Die Stimmung ist jedes Mal aufs Neue magisch und etwas ganz Besonderes», so Michael Streif, der für die Autorenakquise zuständig ist und auf dem Boot moderieren wird. Je nach Wetter und Wasserverhältnissen variiere die Atmosphäre immer wieder aufs Neue. «Der Vorteil dieses Jahr mit Niedrigwasser ist, dass man bei der Lesung nicht so weit flussabwärts treibt und schneller wieder oben ist», ergänzt Thomas Mändli, der das Boot für den Anlass zur Verfügung stellt. Dies vereinfache die Einhaltung des «straffen» Zeitplans – pro Fahrt sind 75 Minuten eingeplant.
Um 11 Uhr startet das erste Boot, auf dem Daniela Schwegler aus ihrem Buch «Uferlos» lesen wird. In diesem taucht sie in die Welt der Fährleute ein. Unter den 10 porträtierten Fährfrauen und Fährmännern befindet sich unter anderem Familie Walter, welche die Fähre vom Paradies nach Büsingen betreut. «Das Buch ist geprägt von Anekdoten, in denen es drunter und drüber geht», gibt Michael Streif einen kleinen Einblick. Auf diesem Boot kommt auch die musikalische Unterhaltung nicht zu kurz. Naturjodlerin Sonja Morgenegg wird definitiv Abwechslung in die Fahrt bringen.
Um 13 Uhr startet das zweite Boot, auf dem Vincenzo Todisco – Sohn italienischer Einwanderer – sein Werk «Das Eidechsenkind» präsentieren wird. «Mit Eidechsenkindern sind Kinder von Migranten gemeint, die in die Schweiz kamen und hier ohne Berechtigung versteckt leben», erklärt Michael Streif und ergänzt: «Es geht nicht nur um die Tragik, sondern auch um den Freiraum.»
Es folgt Sunil Mann, der mit «Der Kalmar» einen Zürich-Noir-Kriminalroman im Gepäck hat. Im Fokus stehen Finanzgeschäfte im Graubereich, organisiertes Verbrechen, Beziehungen, Familie und das gefährliche Schattenleben der Sans-Papiers.
Der Roman des letzten Autors, Alfred Wüger, schildert den seelischen Wandlungsprozess, den René Sernatinger am Bodensee durchlebt, nachdem ihn eines Morgens die Erinnerung an eine vergangene Liebe überwältigt. Auch an Board ist Carola Herz mit «Das ganz normale Leben» – ein Buch, in dem es um die bewegte Zeit von Frauen in der DDR geht.
Der Buchkenner
Seit der ersten Durchführung kümmert sich Michael Streif um das Programm und die Autoren der Literaturboote. «Ich beobachte das ganze Jahr über, was sich auf dem Buchmarkt tut, im Fokus stehen Neuerscheinungen.» So präsentierte einer der Autoren, Alfred Wüger, sein Werk «Gute Unterhaltung» gerade erst Ende Mai an einer Vernissage.
Eine grosse Herausforderung sei das bereits sehr vielfältige literarische Angebot in der Region Schaffhausen. «Ziel ist es, eine gute Durchmischung von Autoren aus der Region und solchen von weiter weg hinzubringen», so Michael Streif. Jedes Jahr entstehe ein neuer Fokus, der die Ansprüche verschiedenster Zielgruppen erfüllen soll. «Viele Menschen orientieren sich an Krimiautoren», so das OK-Mitglied. Damit sei Sunil Mann, der neben Krimis auch Kinderbücher schreibt, ein Glückstreffer. Weiter hebt Michael Streif die Aktualität von «Das Eidechsenkind», dem Buch von Vincenzo Todisco, hervor. Das Buch behandle mit den Themen Migration und Integration sehr ernste und zeitgemässe Themen. «Ausserdem bin ich sehr gespannt auf die Naturjodlerin», ergänzt er abschliessend.
Tickets sind über die Gemeindekanzlei Neuhausen und ticketino.ch sowie am Veranstaltungstag vor Ort erhältlich.