Im Oberen Amtshaus in Diessenhofen befindet sich – mit auffälligem Treppenturm und Blick auf den Rhein – das auf drei Ebenen verteilte Museum kunst + wissen. «Früher wurde die obere Etage als Schulzimmer für Handarbeitslektionen genutzt», erzählt die Museumsleiterin Lucia Angela Cavegn. Die Kunsthistorikerin wartete mit Christine Kolitzus-Hanhart auf die «Bock»-Reporterin. «Christine unterstützt mich mit ihren 80 Jahren tatkräftig bei den Museumsarbeiten. Sie ist Textilexpertin und hat bezüglich der aktuellen Rotfarb-Ausstellung ein enormes Wissen», erzählt Lucia Angela Cavegn. «Auf Tuchfühlung mit dem Kulturerbe» heisst die Ausstellung auf allen drei Etagen des Museums, die bis zum 18. September zu bestaunen ist.
Früher Färberei, heute Museum
Das heute als Museum genutzte Gebäude fungierte Mitte des 19. Jahrhunderts als Produktionsstätte einer Stofffärberei und Druckerei. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens des Museums werden eine Vielzahl an Textilmusterzeichnungen, Dokumenten, Druckmodel und sehr gut erhaltene bedruckte Baumwolltücher ausgestellt. Christine Kolitzus erklärt die Vorgehensweise des Zeugdrucks: «Zuerst wurde ein Papierentwurf erstellt. Der Modelstecher fertigte dann anhand des Entwurfes ein Druckmodel an. Verwendet wurden dafür vorzugsweise sehr harte Holzarten. Als wir mit der Inventarisierung anfingen, haben wir über 1300 gut erhaltene Entwürfe gefunden». Dieser Fund sei eine Seltenheit, denn Papierentwürfe wurden nach Fertigstellung des Holzmodels in den meisten Fällen weggeworfen. Die Muster wurden dann auf die vorab rot gefärbten und stellenweise wieder gebleichten beziehungsweise geätzten Tücher farbig gedruckt, wobei jede Farbe ein separates Model verlangte. Die Rotfärbung der Baumwollstoffe wurde mittels zu Pulver zerriebener Krappwurzeln gewonnen. Zu jener Zeit wurde das Verfahren dieser Färbung als «Türkischrotfärberei» bezeichnet. Zu sehen sind figurative und ornamentale Muster, wie das Paisley-Muster, das ursprünglich aus dem Orient stammt.