Endlich wieder Live-Musik inmitten der Schaffhauser Altstadt! Nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause findet das Festival Stars in Town dieses Jahr zum 11. Mal statt. 18 national und international bekannte Künstlerinnen und Künstler bespielen während sechs Tagen die Hauptbühne auf dem Herrenacker und noch viel mehr Nachwuchstalente die zweite Bühne auf dem Fronwagplatz. Doch wie funktioniert der Bookingprozess überhaupt? Adrian Brugger, Festivalleiter von Stars in Town, gibt einen Einblick in das harte Business im umkämpften internationalen Markt.
Gagen im Millionenbereich
Wie geht Stars in Town beim Künstler-Booking vor? «Wir fragen jedes Jahr über 100 Bands an. Mit dem Ziel, ein vielseitiges Programm mit in sich stimmigen Abenden auf die Beine zu stellen», so Adrian Brugger. Die Veranstalter geben ihre Offerten ein und die Künstleragenturen sammeln diese. «Unser Budget fürs Booking liegt weit über einer Million Franken», bestätigt der Festivalleiter. Doch gerade die britischen und amerikanischen Bands, die sich auf dem Weltmarkt bewegen, erhalten aus allen Kontinenten hunderte von Offerten – mit Gagenhöhen, die das Schaffhauser Festival mit einer täglichen Besucherkapazität von rund 6000 Personen niemals zahlen kann. Anders als erwartet habe auch mit der Pandemie keine Konsolidierung des Festivalmarkts stattgefunden. Die Gagen seien teilweise noch höher als vor Corona. Es gelte das Gesetz von Angebot und Nachfrage und die Künstlermanagements würden alles tun, damit die Gagen hoch bleiben. «Bei den Headlinern beginnen diese im tiefen sechsstelligen Bereich und gehen bis in den Millionenbereich für Stars wie Ed Sheeran oder Rammstein», so Adrian Brugger. In dieser Hinsicht sei der Austausch mit anderen Schweizer Festivals im Branchenverband Swiss Music Promoters Association (SMPA) sehr wichtig. Die Preisgestaltung werde zudem stark von den grossen internationalen Eventkonzernen wie Live Nation oder Eventim beeinflusst. Beim Stars in Town bleibe das Ziel, dass der Preis für die Tageskarten unter 100 Franken liegt. «Kultur hat ihren Wert und darf nicht grundsätzlich gratis sein. Als Ergänzung bieten wir mit der New Talent Stage eine kostenlose Bühne für alle.»
Zuerst die grossen Namen
Dass Musikgrössen wie Bryan Adams nach Schaffhausen kommen, sei neben einer risikobereiten Offerte auch mit sehr viel Glück verbunden. «Man weiss nie, wie viele Offerten ein Künstler oder eine Künstlerin hat und wie hoch die Gagen liegen. Schlussendlich entscheidet das Management», führt der Festivalleiter aus. Das erste Kriterium sei, dass die Band im August überhaupt auf Tour in Europa ist. «Schaffhausen ist nicht der Nabel der Welt – für Acts aus den USA oder auch Italien liegt unser Festival zudem terminlich ungünstig.» Der Booking-Prozess beginnt trotzdem jedes Jahr aufs Neue gleich: Zuerst werden die grossen Namen auf der Wunschliste angefragt – diese beginnt mit Lenny Kravitz, geht über Sting zu Zucchero oder Herbert Grönemeyer. «Mein grosser Wunsch ist es, die Toten Hosen auf den Herrenacker zu holen», so Adrian Brugger.
Blick in die Glaskugel
Neben den beliebten Schweizer und deutschen Acts seien die Newcomer sehr wichtig. «Im Optimalfall gelingt es uns, dass wir einen Künstler oder eine Künstlerin vor dem grossen Durchbruch buchen und sie sich in den Monaten bis zum Festival extrem weiterentwickelt.» Dies haben die Verantwortlichen schon einige Male erlebt, so bei Mark Forster, Birdy oder Lewis Capaldi. «Es geht darum, in die Glaskugel zu schauen und innovativ zu sein.»
Immer wieder thematisiert werde auch beim Stars in Town das Thema Frauenquote. «Es ist Fakt, dass wir auch dieses Jahr deutlich mehr männliche Musiker auf der Hauptbühne haben – das spiegelt aber den Festivalmarkt wider», so Adrian Brugger. Wie der Festivalleiter erklärt, seien sie auf das Thema sensibilisiert. «Unser Ziel ist primär ein stringentes und zugkräftiges Programm, das einen Querschnitt der Populärmusik widerspiegelt, unabhängig des Geschlechts. Mit Blick auf alle Bandmitglieder sowie die New Talent-Bühne stehen dieses Jahr nicht wenige Frauen auf der Bühne.»
Stringentes und solides Programm
Dass sich der Booking-Prozess in den vergangenen 10 Jahren so stark verändert habe, sei gemäss Adrian Brugger einerseits auf die Dichte an Festivals und Events zurückzuführen, andererseits auf die immer höheren Offerten aus Ost- und Südeuropa. «Diese Länder werden immer kaufkräftiger, verfügen über hohe Publikumskapazitäten, zudem hat das Sponsoring in diesen Ländern noch eine sehr hohe Relevanz.»
Doch gerade in einem Jahr wie diesem – in der «Blackbox» nach zwei Jahren Zwangspause – habe Stars in Town bewusst nicht zu viel riskiert. «Das Line-up 2022 wird unserer Zielgruppe gerecht und die Ticketnachfrage ist bereits hoch», so Adrian Brugger und ergänzt abschliessend: «Am meisten freut mich, dass Stars in Town wieder stattfindet, die Leute Livemusik mitten in der Altstadt erleben dürfen und unsere zahlreichen freiwilligen Helfer das Schaffhauser Festival repräsentieren können.»