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Kultur
11.04.2022

Exzessive Künstler zu Gast in Schaffhausen

Die in düsteren Farben gemalten Figuren «D’après Goya» von Varlin.
Die in düsteren Farben gemalten Figuren «D’après Goya» von Varlin. Bild: zVg.
Sie gelten als Schlüsselfiguren der Schweizer Kunst des 20. Jahrhunderts. Wilfrid Moser und Varlin werden vom Museum zu Allerheiligen mit einer Ausstellung geehrt.

Das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen stellt vom 8. April bis 25. September in mehreren Räumen ausgewählte Werke der beiden Zürcher Künstler Wilfrid Moser (1914 – 1997) und Varlin (1900 – 1977) aus. Letzte Woche fand die Medieninformation statt, welcher auch Patrizia Guggenheim, die Tochter von Varlin, beiwohnte. Sie verriet beim Bild «Der Leichenwagen» von 1961, welches sich in Privatbesitz befindet, dass ihr Vater einen ausrangierten Leichenwagen gekauft habe. Diese Anschaffung sei sehr zum Widerwillen seiner Ehefrau geschehen. Bei den Kordeln, die Varlin an das Leichenwagen-Bild angebracht habe, handle es sich nach wie vor um die Original-Kordeln.

Nomen est omen

«Exzessiv!» heisst die Ausstellung, welche Werke aus allen Schaffensperioden der beiden Künstler Varlin und Moser zeigt. Bei den rund 100 ausgestellten Werken seien selten und noch nie in der Bandbreite gezeigte Spätwerke dabei. Bei Varlin, der mit bürgerlichem Namen Willy Guggenheim hiess, und Wilfried Moser handele es sich um kritische und kompromisslose Künstler, welche die Welt aus der Distanz analysiert hätten und exzessiv auf der ständigen Suche nach der Wahrheit gewesen seien. Beiden Malern ging es darum, Tabuzonen zu durchleuchten und sie so abzubilden, wie sie ihnen entsprachen. Friedhöfe, Metzgereien, Geröllhalden und Metroschächte waren ihre bevorzugten Motive. Varlin war lebenslänglich ein gegenständlicher Maler. Bei dieser Kunstform geht es den Schöpfern darum, die Realität, wie sie aus ihren Augen wahrgenommen wird, in den Werken abzubilden. Wilfrid Moser wird als Realist beschrieben. 

Nachbarn und Freunde

Die Künstler Varlin und Wilfrid Moser, die sich gekannt und geschätzt haben, lebten in Zürich im selben Quartier. Mit Zürich verband sie allerdings eine lebenslange Hassliebe. Sie hätten diese protestantische Stadt als einengend empfunden. Matthias Frehner, Kurator der laufenden Ausstellung im Allerheiligen, zitierte bei der Medieninformation Wilfrid Moser wie folgt: «Ich bin ein heimatloser Zürcher». Beide Kunstschaffenden hielten sich gerne in Berlin und Paris auf, wo sie sich freier gefühlt hätten. Die beiden Maler, die als Schlüsselfiguren der Schweizer Kunst des 20. Jahrhunderts gelten, wiesen viele Parallelen auf. Sie waren passionierte Liebhaber der Werke von Vincent van Gogh. Die Künstler hätten 1924 eine Ausstellung des niederländischen Malers und Zeichners im Kunsthaus Zürich besucht. Für den seinerzeit zehnjährigen Wilfrid Moser war dieser Museumsbesuch wegweisend und auch beim damals 24-jährigen Varlin habe diese Ausstellung einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Gabriella Coronelli, Schaffhausen24