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Auto & Mobil
15.03.2022
15.03.2022 08:43 Uhr

Neuwagen gesucht? Bitte um Geduld

Neuwagen kommen wegen der Halbleiterkrise später als erwartet.
Neuwagen kommen wegen der Halbleiterkrise später als erwartet. Bild: zVg. / Peter Fuchs
Die Bestellbücher der Autohändler füllen sich, während die Produktion hinterherhinkt. Noch immer sind Halbleiter Mangelware und stellen die Branche auf die Zerreissprobe.

Das Gehirn ist die Schaltzentrale unseres Körpers. Es steuert nahezu alle lebenswichtigen Körperfunktionen. In einem Auto übernehmen diese Aufgabe die Steuergeräte, die aus zig Halbleitern aufgebaut sind. Sie regeln vom Antrieb über das Fahr- und Bremsverhalten bis zum Auslösen des Airbags alles in modernen Autos. Ein durchschnittliches Fahrzeug hat mindestens hundert Bauteile, in denen Halbleiter vorkommen. Die Nachfrage nach den Bauteilen kommt aber längst nicht nur aus der Automobilbranche. Der von der Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub treibt das Geschäft der Chipindustrie noch an und führt zum globalen Mangel der Rohstoffe Lithium und Germanium. Autohersteller drosseln deshalb die Produktion. 

Die Krise zieht Kreise

Die Auswirkungen machen auch der hiesigen Automobil-Branche zu schaffen. «Konnten wir früher innert drei Monaten liefern, müssen sich die Kundinnen und Kunden zwei bis drei Mal länger gedulden», erklärt Luca Jaquet, Inhaber der Steiggarage in Beringen. Er kennt die Branche über seine Garage hinaus. Als Garagist und Mobilitätsberater wurde er diese Tage zum Präsidenten der Schaffhauser Sektion des Auto Gewerbe Verbandes Schweiz (AGSV) ernannt. Dazu zählen 52 Betriebe, von der Ein-Mann-Garage bis zu Betrieben mit 65 Angestellten. «Die Lieferschwierigkeiten treffen quasi alle Betriebe in irgendeiner Form. Sei es bei der Reparatur von Fahrzeugen oder beim Verkauf von Occasionen und Neuwagen», sagt Luca Jaquet. Die Auftragsbücher seien gut gefüllt, aber die Fabriken könnten nicht genug produzieren, weil die Halbleiter fehlen. 

Weltweit wurden letztes Jahr rund vier Millionen weniger Autos gebaut. Das hat zu einem Vakuum zwischen Angebot und Nachfrage geführt. «Das Marktniveau hinkt weiterhin deutlich hinter Vor-Pandemie-Zeiten zurück», so Luca Jaquet und fügt an: «kommt hinzu, dass der Individualverkehr seit der Pandemie wieder boomt. Die Menschen stiegen während Corona lieber ins Auto oder Wohnmobil, statt in den Zug.» 

Luca Jaquet ist Präsident des AGVS Schaffhausen. Bild: Heidi Dübendorfer, Schaffhausen24

Auswirkung auf das Portemonnaie

Eine gänzliche Entspannung auf den Zuliefermärkten sei in den kommenden Monaten nicht in Sicht. «Wir hoffen, dass sich die Engpässe im zweiten Halbjahr allmählich auflösen,» sagt Luca Jaquet. Denn darunter litten nicht nur Autohersteller und -zulieferer, sondern insbesondere auch der Autohandel. Wenn Händler bestellte Fahrzeuge nicht ausliefern könnten, fehle Umsatz und Ertrag. 

Für den Kunden heisst das: Rabatte auf den Listenpreis werden seltener und Gebrauchtwagenpreise ziehen an. «Der Bestand bei den Händlern ist ziemlich reduziert», so Luca Jaquet. Fanden Kunden früher ihr Wunschmodell nicht direkt beim Händler, sei es kurzfristig aus Lagern des Herstellers lieferbar gewesen. Das sei nun schwieriger. Wartezeiten würden zuweilen mit Vorführfahrzeugen überbrückt und Leasing-Verträge verlängert. Wer bei der Marke flexibel sei, komme unter Umständen schneller an seinen Neuwagen. 

Experten wissen Rat

Ob Kleinwagen oder das neueste E-Modell. Momentan müsse man als Garagist und Kunde oder Kundin umdenken, resümiert der Präsident des AGVS. Waren es die Konsumenten bisher gewohnt, ihrem Bedarf und Wunsch möglichst rasch nachzugehen, heisst es nun, Geduld aufzubringen oder eine kreative Zwischenlösung zu finden. Guter Rat findet sich bei den Schaffhauser Garagisten. Diese sind am Puls, kennen den Markt und die Bedürfnisse ihrer Kunden am besten.

Heidi Dübendorfer, Schaffhausen24