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Kultur
14.02.2022
15.02.2022 07:55 Uhr

Die süssen Melodien

Am 6. März feiert Guido Helbling sein 30-Jahre-Jubiläum als Dirigent des Konzertchors Schaffhausen.
Am 6. März feiert Guido Helbling sein 30-Jahre-Jubiläum als Dirigent des Konzertchors Schaffhausen. Bild: Gabriella Coronelli, Schaffhausen24
Mit dem Oratorium «Paulus» von Mendelssohn erfüllt sich Guido Helbling beim 30-Jahre-Jubiläumskonzert am 6. März in der Kirche St. Johann einen Herzenswunsch. Im Gespräch mit dem «Bock» taucht der Dirigent des Konzertchors Schaffhausen in die letzten drei Jahrzehnte ein. Der klangvolle Rückblick auf eine langjährige Karriere.

Die Dunkelheit ist eingebrochen, eine angenehme Ruhe breitet sich aus, als wie aus dem Nichts Guido Helbling dasteht. Wie eine leise Melodie, so scheint es, hat er den Saal der evangelischen Kirchgemeinde in Neuhausen betreten. Seine ruhige Ausstrahlung lässt nicht vermuten, dass er auch nach 30 Jahren immer noch vor jedem Konzert Lampenfieber hat. «Es ist ein starkes Geben und Nehmen», so der Dirigent und vergleicht seine Gefühle vor einem Konzert mit denen eines Spitzensportlers. Und obschon seine Gestik bei den 80 Sängerinnen und Sängern des Konzertchors bekannt ist, die Vorbereitungen und Proben für ein einziges Werk ein gutes halbes Jahr dauern, entstehen bei der Aufführung unzählige Improvisationsmöglichkeiten. Eine Vielzahl an Momenten, die weder kontrollier- noch vorhersehbar sind. «Vor jedem Konzert nehme ich mir zehn Minuten Zeit für mich allein – in absoluter Ruhe. Das hilft mir dabei, positiv aufzutreten» erzählt der routinierte Dirigent weiter. Sobald jedoch die ersten Töne erklängen, vergehe auch die Nervosität. Ab diesem Zeitpunkt sei es dann die Musik, die helfe. Der Tanz der Rhythmik und die Süsse der Melodie lassen den erfahrenen Dirigenten ruhiger werden.  

Herzenswunsch wird erfüllt

Den Ausdruck «süss» verwendet Guido Helbling insbesondere in Verbindung mit den Kompositionen des deutschen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. «Mendelssohn ist berühmt für seine schönen Melodien» erzählt er weiter. Mit dem Oratorium Paulus erfüllt sich der Chorleiter in seinem Jubiläumsjahr einen Herzenswunsch. «Mit seinen süssen, weichen Werken unterscheidet sich Mendelssohn ganz stark von vielen anderen Komponisten. Er erreicht die Zuhörerinnen und Zuhörer über das Herz». Dies wünscht sich Guido Helbling auch für sein Jubiläumskonzert am 6. März, das um 17 Uhr im St. Johann in Schaffhausen stattfindet. Aufgrund der Pandemie, während der das Proben zeitweise nicht möglich war, wurde die Länge des Werkes von ursprünglich zwei Stunden und zehn Minuten auf eine Stunde 40 Minuten gekürzt. Es wird auf bestimmte inhaltliche Wiederholungen verzichtet. Diese Streichung erfolgt jedoch ohne Einbusse auf die Dramatik des Oratoriums, versichert der Musiker, Dirigent und ehemalige Gymnasiallehrer. 

Sein Glück: die Musik

Jedes bisher von ihm geleitete Konzert habe in sich die eigenen schönen Momente, die der Dirigent mit angenehmen Emotionen verbindet. Auf die Frage des «Bocks» hin, welches Werk er bis anhin am liebsten geleitet habe, muss der erprobte Dirigent einen Moment überlegen. Ein richtiges Lieblingsstück kann er nicht nennen, spricht aber dann zwei Kompositionen an, die ihn sentimental erscheinen lassen. «Mit den Requiems von Mozart und Verdi verbinde ich Kindheitserinnerungen», bricht der vielseitig interessierte Dirigent dann das Schweigen. «Als ich noch ein Bub war, waren dies die ersten Schallplatten bei uns zuhause». Und weil sich jeweils am Sonntag die ganze Familie diese Musikstücke gemeinsam anhörte, verbindet der mittlerweile 71-jährige Dirigent diese zwei Requiems mit einem wohligen, heimeligen Gefühl. Guido Helbling schwelgt offensichtlich in Kindheitserinnerungen, als er dem «Bock» erzählt, dass er sich sehr glücklich schätze, dass er nicht nur von seinen Eltern bezüglich seiner musikalischen Karriere unterstützt und gefördert wurde. Bereits auf dem Gymnasium war für ihn klar, dass ihn Musik nicht nur in seiner Freizeit begleiten sollte. Und später bei der Einstellung als Lehrer am Gymnasium Friedberg im St. Gallischen Gossau sagte der damalige Rektor als erstes: «Sie müssen dann aber schon einen Chor gründen» und lenkte damit die Karriere des Junglehrers eindeutig Richtung Chormusik. Dankbarkeit verspürt er aber auch vielen anderen Persönlichkeiten gegenüber, die ihm in den vielen Jahren den Rücken freigehalten haben, damit er sich auf das konzentrieren kann, was ihn am glücklichsten macht: die Musik. 

Der begeisterte Wanderer und seine Frau haben – vom Buch «Grenzschlängeln» inspiriert – nach und nach die Grenzen der ganzen Schweiz abgewandert. Manchmal, wenn die Strecke zu eintönig war, wurde auch das Fahrrad als Fortbewegungsmittel eingesetzt. Eine weitere Leidenschaft von Guido Helbling ist das Eintauchen in die Geschichte von Schlössern und Ruinen. Nicht zuletzt, weil in seinem Wohnort Hauptwil ein solches historisches Anwesen das Ortszentrum schmückt. 

Am Sonntag, 6. März, um 17 Uhr wird in der Kirche St. Johann in Schaffhausen mit dem Paulus Oratorium das 30-Jahre-Jubiläum von Guido Helbling gefeiert.

Gabriella Coronelli, Schaffhausen24