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Politik
10.01.2022

«Die Politik ist da, um zu gestalten»

«Das Amt strahlt Autorität aus», so Stefan Lacher über das Amt des Kantonsratspräsidenten, das er dieses Jahr ausübt.
«Das Amt strahlt Autorität aus», so Stefan Lacher über das Amt des Kantonsratspräsidenten, das er dieses Jahr ausübt. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24
Zwischen Schulhaus, Studium und Kantonsratssaal: Der Schaffhauser Kantonsrat wird in diesem Jahr von Stefan Lacher (SP) präsidiert. Im Interview blickt der 29-Jährige auf das kommende Jahr als höchster Schaffhauser. Und erzählt, wie ihm seine berufliche Tätigkeit als Lehrer zugute kommen wird.

Jeweils alternierend wechseln sich die drei grössten Schaffhauser Parteien mit dem Präsidium des Kantonsrats ab. Dieses Jahr wurde Stefan Lacher (SP) zum höchsten Schaffhauser gewählt. 

Das Interesse für die Politik entfachte bei Stefan Lacher in seiner Kantizeit. «Es reizte mich, einer Jungpartei beizutreten, um selbst mitzudenken und mitentscheiden zu können», erinnert er sich. Damals wurde in Schaffhausen stark über die nationale Abstimmung «1:12 – Für gerechte Löhne» diskutiert. «Es war für mich nie fair, dass manche Leute so viel mehr Geld bekommen als andere. Gerechtigkeit und eine faire Verteilung des Wohlstands sind für mich immer das oberste Ziel.» So trat Stefan Lacher der JUSO bei, für die er 2018 für Seraina Fürer in den Kantonsrat nachrückte. Mittlerweile politisiert der Schaffhauser für die SP, die Mutterpartei der JUSO. 

Berufsziel Kantilehrer

Nach der Kanti entschied sich Stefan Lacher dazu, Biologie mit Fachrichtung Ökologie zu studieren. Immer mehr fokussierten sich seine Tätigkeiten auf den Bereich Forschung. «Doch ich merkte, dass ich mehr und näher mit Menschen zusammenarbeiten will.» Bereits zu dieser Zeit sei der Lehrermangel ein präsentes Thema gewesen. So führte ihn sein beruflicher Weg in den Lehrberuf. Neben seinem Nachdiplomstudium zum Kantilehrer unterrichtet der 29-Jährige aktuell eine Realklasse im Schulhaus Gega. «Ich fühle mich hier gut aufgehoben. Nur in einer Hinsicht ist es schwierig, ein gutes Vorbild zu sein», so Stefan Lacher über den Lehrberuf. Was er damit meint? «Halb acht ist viel zu früh, um mit dem Unterricht zu beginnen,» meint er schmunzelnd. 

Eine ehrenvolle Aufgabe

Dass er mit 29 Jahren nicht der typische Kantonsratspräsident ist, weiss er. «Oft üben altgediente Kantonsräte diese ehrenvolle Aufgabe aus.» Doch es freue ihn sehr, dass seine Partei ihn für das Amt ausgewählt habe und er im Kantonsrat mit 52 Stimmen gewählt wurde. Trotzdem sei er etwas nervös geworden, als er mit dem Feuerwerk in der Silvesternacht dann offiziell zum höchsten Schaffhauser wurde. «Man ist halt plötzlich so wichtig, das ist mir ausserhalb des Parlaments teilweise fast unangenehm.» 

Auf die erste Sitzung am gestrigen Montag hat sich Stefan Lacher gut vorbereitet, das Drehbuch habe er sehr intensiv durchgelesen. Was er sehr schätzt: die grosse Unterstützung der Ratsmitglieder, die einem den Rücken stärken. «Aber wenn man Fehler macht, wird das einem natürlich lautstark gesagt», so Stefan Lacher. 

Mit der traditionellen Mappenübergabe gab Josef Würms-Wanner das Präsidium offiziell an seinen Nachfolger ab. Was Stefan Lacher an ihm schätzte: «Er hat mit einer grossen Ruhe präsidiert und hatte eine sehr lange Zündschnur.» Auf Anfrage des «Bocks» bestätigt auch Josef Würms-Wanner die gute und harmonische Zusammenarbeit, die er in den vergangenen Monaten mit Stefan Lacher als Vizepräsident pflegte: «Ich bin überzeugt davon, dass er einen guten Job als Präsident machen wird.». Er sei sehr gespannt auf den Führungsstil des über 30 Jahre jüngeren Nachfolgers. Auf das Alter angesprochen meint Josef Würms-Wanner: «Mit seinen jungen Jahren und seiner modernen Ausbildung bringt er sicher Neues in die Führung der Sitzungen. Ob es alle Ratsmitglieder akzeptieren werden, wird sich zeigen.» 

Spitäler und neue Strukturen

Welche Themen den Kantonsrat 2022 beschäftigen werden? «Ein sehr grosses Thema ist sicher die Thematik rund um die Spitäler Schaffhausen, den Neubau und das Gesundheitswesen im Allgemeinen.» Weiter werde es dieses Jahr auch darum gehen, die Strukturen im Rat neu zu organisieren und zu stärken. «Ziel soll es sein, dass auch Durchschnittsmenschen mit einem normalen Job ein Milizamt ausüben können.» Besonders hitzige Diskussionen erwartet Stefan Lacher, wenn es um das Thema Wasserkraftnutzung am Rheinfall geht, das er in diesem Jahr als grossen Punkt auf den Traktandenlisten sieht. 

«Ich denke ich werde mich gut durchsetzen können und neutral bleiben», so Stefan Lacher. Denn statt Vorstösse einzureichen und zu argumentieren, obliegt ihm die Leitung der Sitzungen. «Ich kann gut ruhig bleiben. Aber wenn dann nur aus dem Bauch heraus diskutiert wird, kann es vor allem am Anfang sicher mal schwerfallen nicht darauf einzugehen.» 

Dass er als Lehrer jeden Tag vor Menschen steht, helfe ihm sicher auch für die Sitzungsleitung. «Ich bin es mir quasi gewohnt, in einem Raum voller fordernder Personen zu stehen.» Trotzdem wolle er im Rat nicht den Schulmeister spielen. 

Grosse Visionen haben

Wenn er einen Neujahrsvorsatz hätte, wäre das wohl mehr Sport zu machen, gibt der 29-Jährige zu Und was sind seine Wünsche für den Kanton Schaffhausen? «Schaffhausen darf selbstbewusster werden. Unser Kanton macht sich meist kleiner, als dass er ist.» Ausserdem hofft Stefan Lacher auf viele stattfindende Anlässe, an denen er Schaffhausen vetreten darf. Nicht zuletzt freue er sich auf die Generalversammlung der Brauerei Falken, ergänzt er schmunzelnd.

Neben der Politik ist Stefan Lacher ein grosser Musikfan. Wenn er sich aber nicht gerade mit seinen Kollegen im gemeinsamen Musikraum trifft, um auf seinem Synthesizer zu spielen, braut der Schaffhauser auch gerne mal selbst Bier. Ausserdem sei er ein grosser Rheinfan. «Ein Grund, warum ich in der Region wohnen bleiben will», so der 29-Jährige. Was er noch gerne macht: Brettspiele spielen – am liebsten das Fantasyspiel Dungeons & Dragons.

Auch als Kantonsratspräsident erinnert er sich immer noch gerne an die Anfänge der JUSO-Zeiten zurück. «Wenn wir bei dem Bier nach der Sitzung grosse Diskussionen hatten und dachten, wir können damit die Welt verbessern – daran erinnere ich mich gerne zurück.» Diese grossen Visionen vermisse er teilweise in der Politik und auch bei sich selbst. «Man ist da, um etwas zu gestalten. Ich will nicht beginnen, zu verhalten zu denken.»

Stefan Lacher (SP) präsidiert dieses Jahr den Schaffhauser Kantonsrat. Bild: Lara Gansser, Schaffhausen24
Lara Gansser, Schaffhausen24