Wenn es um das Thema Energie geht, wird meist schnell über das Mobilitäts- oder Flugverhalten sowie den Fleischkonsum gesprochen. «Es geht oft vergessen, dass der Gebäudebereich für den grössten Energieverbrauch und die grössten CO2-Emissionen verantwortlich ist», so Benjamin Huber, Co-Gründer des Empa Spin-offs viboo. «Diese Emissionen kommen zum grössten Teil aus dem Betrieb und nicht etwa aus dem Bau von Gebäuden», erklärt er weiter. In den letzten Monaten arbeitete der gebürtige Ramsener gemeinsam mit Mitbegründer Felix Bünning intensiv am Spin-off viboo und der Entwicklung einer Cloud-Software-Lösung für den optimalen Betrieb von Gebäuden.
Vorausschauend Heizen
Wohl alle kennen die Thermostate für die Temperaturregelung an den Radiatoren oder für die Fussboden- sowie Deckenheizung. «Die Funktionsweise dieser Thermostate ist zwar sehr simpel und robust, aber auch sehr ineffizient», so Benjamin Huber. Was er damit meint: Sie reagieren nur auf die Temperatur, die bereits im Raum vorhanden ist, und beziehen weder Gebäudecharakteristiken, Wettervorhersagen noch Nutzerpräferenzen mit ein. «Gebäude wärmen sich beispielsweise natürlich durch Sonneneinstrahlung oder die Anwesenheit von Personen auf», erklärt der Co-Gründer von viboo. Um den Energieverbrauch in Gebäuden zu reduzieren und damit zu optimieren, werde mit viboo nur noch so viel geheizt oder gekühlt, wie wirklich nötig ist.
Die prädiktive Regelung von viboo erfolgt auf Basis von Maschinellem Lernen (ML) und wird über eine Cloud-Software vertrieben. «Gebäude sollen unter anderem auf das Wetter vorausschauend geheizt oder gekühlt werden, um den Energiebedarf zu reduzieren.» Zuvor entwickelte Lösungen basierten vielfach auf physikalischen Modellen. «Dazu mussten Ingenieure für jedes Gebäude die sehr aufwendige Modellerzeugung individuell durchführen. Entsprechend war dieser Ansatz nicht ökonomisch. Bei unserer Lösung ist der Prozess dank ML komplett automatisiert.»
Die Energieforscher
Benjamin Huber, der für die Technologie bei viboo zuständig ist, ist in Ramsen aufgewachsen und wohnt heute in Flurlingen. Der gelernte Polymechaniker studierte nach seiner Grundausbildung an der ETH Zürich Maschineningenieurwissenschaften, fokussierte sich bald auf Energiethemen und schrieb seine Masterarbeit in diesem Bereich bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf. Die Empa ist eine schweizerische Forschungsinstitution für anwendungsorientierte Materialwissenschaften und Technologie.
Bis heute arbeitet der 30-Jährige als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Urban Energy Systems Lab bei der Empa – wo er auch seinen Geschäftspartner Felix Bünning kennenlernte. Dieser stammt aus Aachen, wo er seinen Master in Maschineningenieurwissenschaften absolvierte – ebenfalls mit Fokus auf Energiethemen. Für seine Masterarbeit machte Felix Bünning unter anderem einen Austausch nach Kalifornien ans Berkley Lab. «Nach seinem Doktorat an der ETH Zürich und der Empa erhielt Felix das BRIDGE Proof of Concept, ein Förderprogramm des Schweizerischen Nationalfonds SNF und Innosuisse, um die Kommerzialisierung unserer Forschung voranzubringen», erzählt Benjamin Huber. Mit diesem Geld werde die Produkt- und Geschäftsentwicklung, sowie Marktvalidierung im nächsten Jahr unterstützt.
Neben den 130 000 Franken, welche die beiden im Rahmen des BRIDGE Programms generieren konnten, pitchen sie regelmässig an Wettbewerben für Start-ups. So erreichten sie vor Kurzem bei Venture Kick die zweite Runde und erhielten 50 000 Franken. «Es macht uns natürlich stolz, dass wir diese Meilensteine erreicht haben. Nichtsdestotrotz liegt noch ein sehr langer und steiniger Weg vor uns», so Benjamin Huber.