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Gesellschaft
06.12.2021

«Ich habe einen Logenplatz im Krimi»

«Ich schätze das gute Zusammenspiel des gesamten Polizeikorps sehr.» Patrick Caprez über seine Arbeit bei der Schaffhauser Polizei.
«Ich schätze das gute Zusammenspiel des gesamten Polizeikorps sehr.» Patrick Caprez über seine Arbeit bei der Schaffhauser Polizei. Bild: Yves Keller, Schaffhausen24
Wenn im Fernsehen eine Auskunft von der Polizei verlangt wird, steht oft er vor der Kamera. Der 41-jährige Patrick Caprez ist seit zwölf Jahren Mediensprecher der Schaffhauser Polizei – obwohl er gar nie zur Polizei wollte.

Wenn er durch Schaffhausen läuft, vergeht kaum eine Minute, ohne dass er gegrüsst wird. Patrick Caprez ist als Mediensprecher für viele das Gesicht der Schaffhauser Polizei. Wenn es ein Unglück oder ein Verbrechen gibt, steht er oft vor der Kamera und schildert die Details. Dass dies eine seiner Stärken ist, merkte er schon früh. Bereits in der Pfadi erhielt er den Namen «Bocca», das italienische Wort für Mund. «Ich bekam den Namen, weil ich damals schon im Lagerradio moderierte und immer einen Spruch auf Lager hatte. Dass der Name aber auch heute noch so passend ist, hätte damals wohl niemand gedacht.»

Einschneidende Geschichten

Währenddem Patrick Caprez privat gerne seine lustige Seite zeigt – er nennt Neuhausen, wo er aufgewachsen ist, «die Perle am Rhein» – gibt es im Beruf oft keinen Spielraum für Witze und Ironie. Es gebe auch immer wieder Fälle, die ihn persönlich berührten. Um sich selbst zu schützen, verzichte er oft darauf, die Namen von Opfern zu erfahren. «Schaffhausen ist so klein, da ist die Chance gross, dass ich die Leute kennen könnte.» Zu seinem Arbeitsethos gehöre auch, dass er selbst relativ unspektakuläre Geschichten mit einer gewissen Wichtigkeit behandle. «Auch bei kleinen Fällen gibt es für Direktbetroffene tiefgreifende Konsequenzen. Wenn bei einem Unfall ‹nur› eine Katze stirbt, ist das für die Öffentlichkeit nicht sonderlich spannend, für die Besitzer der Katze aber ist das ein einschneidendes Erlebnis.» Von der Katze bis zum Grossereignis hat Patrick Caprez in seiner Stelle schon vieles erlebt. Das sei durchaus auch ein Punkt, weshalb er diesen Beruf möge, jeder Tag sei spannend: «Ich habe einen Logenplatz im Krimi. Das macht meinen Beruf sehr abwechslungsreich. Dazu gehört aber auch die Schattenseite des Lebens, die ich in den einzelnen Fällen immer wieder mitbekomme. Meine Aufgabe ist es dann, nicht nur die Öffentlichkeit zu informieren, sondern bis zu einem gewissen Punkt auch die involvierten Personen zu schützen.»

«Meine Aufgabe ist es auch, involvierte Personen zu schützen»
Patrick Caprez

Stelle bei Polizei war «unvorstellbar»

Begonnen hat Patrick Caprez seine Karriere als Journalist beim Schaffhauser Fernsehen. An diese Zeit habe er noch heute lebendige Erinnerungen, sagt er: «Mein erster Beitrag war über die Froschwanderung im Frühling und ich brauchte dafür Aufnahmen eines Frosches. Da fiel mir ein, dass ein Freund von mir, der Lehrer war, zu dieser Zeit in der Schule ein Terrarium mit einem Frosch hatte. Also fuhr ich zur Schule, platzte in den Unterricht und holte den Frosch, damit ich ihn auf der Strasse filmen konnte. Heute wäre das wohl nicht mehr so ganz tierschutzgerecht.» Die Zeit beim Fernsehen sei für ihn ein wichtiger Grundstein gewesen, denn dank dieser Arbeit kenne er heute die Bedürfnisse der Journalistinnen und Journalisten, mit denen er täglich zu tun hat. Dass er überhaupt bei der Polizei landete, sei eher ein Zufall gewesen. Als er vor 14 Jahren angefragt wurde, ob er Mediensprecher der Polizei werden wolle, konnte er sich das noch nicht vorstellen. «Damals dachte ich mir, dass ich sicher nicht zur Polizei gehe. Es reichte mir, dass mein Vater schon als Militärpolizist arbeitete.» Als zwei Jahre später die Stelle wieder ausgeschrieben war, merkte er aber, dass er perfekt auf den Stellenbeschrieb passen würde. Er bewarb sich und ist nun seit 12 Jahren Mediensprecher der Schaffhauser Polizei.

Person der Öffentlichkeit

Dass er mit seinem Beruf in der Öffentlichkeit unter spezieller Beobachtung steht, merkte Patrick Caprez schon ganz am Anfang seiner Zeit bei der Schaffhauser Polizei. Eines Tages hatte er ein Telefongespräch mit einem enervierten Mann, der ihn fragte, ob für den Mediensprecher der Polizei andere Gesetze gelten als für die Bevölkerung. «Ich war völlig perplex. Im Gespräch kam dann heraus, dass er mich auf dem Velo durch die Stadt fahren sah. Ich erklärte ihm, dass das an einem Sonntag war und dass dies am Sonntag erlaubt sei. Der Mann beschuldigte mich darauf, dass ich freihändig fuhr, weil ich meine Jacke zumachte. Darauf entschuldigte ich mich und gelobte Besserung. Dieser Fall zeigte mir, dass ich in dieser Position unter Dauerbewachung stehe.» Deshalb sei er an den Wochenenden auch gerne in den Bergen, fernab des kleinen Schaffhausen. Dieses Schaffhausen, das ihm durchaus sehr viel bedeute. Auf die Frage, was der Ort am Rhein für ihn sei, muss er lange überlegen. Dann sagt er: «…bloss e chlini Stadt. Im positivsten Sinn.»

Yves Keller, Schaffhausen24